Wer glaubt, vor einem Virus seien alle gleich, liegt falsch: Soziale Lage, Wohnsituation und Beruf prägen den Krankheitsverlauf – zu diesem Schluss kommt eine neue Studie zur Corona-Pandemie in der Schweiz. Sie zeigt: Die Pandemie hat bestehende Ungleichheiten verstärkt, sodass benachteiligte Gruppen eher mit einem schweren Verlauf im Spital um Leben und Tod kämpfen als andere.
Was internationale Studien nahelegten, hat Lucy Bayer von der Fachhochschule Nordwestschweiz nun auch für die Schweiz nachgewiesen: «Unsere Studie zeigt, dass sozial benachteiligte Gruppen besonders häufig so schwer an Covid-19 erkrankt sind, dass sie ins Spital mussten.» Der Grund: Verschiedene Risiken für einen schweren Verlauf kamen in dieser Gruppe eher zusammen. Bayer nennt ein Beispiel: «Sie haben einen tiefen Bildungsstatus. Dazu kommt noch eine schwere Vorerkrankung und die Exponiertheit in ihrem Beruf.» Die Studie zeige aber eben, dass jeder dieser Risikofaktoren auch für sich das Risiko für schwere Erkrankungen erhöht habe, so Bayer weiter.
Da war zu Beginn der Pandemie das erhöhte Risiko, sich anzustecken in all den sogenannt systemrelevanten Berufen mit tiefem Einkommen, festen Präsenzzeiten und wenig Flexibilität in den Spitälern, in Alters- und Pflegeheimen, in den Lebensmittelläden, in den Kindertagesstätten, in Reinigungsjobs. In solchen Berufen lag das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf um 30 Prozent höher als in Berufen mit der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Für Lehrerinnen und Lehrer hingegen bestand gemäss Studie kein höheres Risiko.
Pandemie verstärkte bereits bestehende Ungleichheiten
Neben der Bildung spielte auch die Wohnsituation eine Rolle. Enge Verhältnisse oder Kinder erhöhten das Risiko eines Spitalaufenthalts deutlich. Ungleichheiten verstärkten sich gemäss Studie während der Pandemie vorübergehend weiter, und zwar zum Zeitpunkt, als die Impfung für die Risikogruppen vorlag. Autorin Lucy Bayer erklärt: «In dieser Zeit hatten Personen mit tiefen Bildungsstatus wahrscheinlich mehr Schwierigkeiten mit Online-Anmeldeverfahren oder sie konnten auch Impftermine weniger flexibel buchen, da sie häufig in Berufen mit Präsenzpflicht und fixen Arbeitszeiten tätig sind.»
Diese Erkenntnisse gelte es künftig zu berücksichtigen. Es brauche zum Beispiel neben gezielter Information angepasste Schutzmassnahmen und Impfmöglichkeiten am Arbeitsplatz.