Emily hat Downsyndrom. Und sie steht gerne im TV-Scheinwerferlicht. Als Moderatorin und Regionalkorrespondentin des norwegischen Online-Projekts «TV Bra» (deutsch: «TV gut») steht sie regelmässig vor der Kamera – und sie liebt ihren Job. Worüber sie am liebsten berichtet? «Am meisten gefallen hat es mir, den Premierminister in Oslo zu interviewen», sagt sie. «Aber auch hier in Bergen ist es cool. Ich will arbeiten, arbeiten, arbeiten. Dafür reisse ich mir ein Bein aus!»
Ihr Engagement ist auch bei den Proben für die Weihnachtssendung zu spüren. Camilla Kvalheim, Gründerin von TV Bra, coacht Emily und geht jede Zeile mehrmals mit ihr und ihrem Ko-Moderator durch. Authentisch soll es rüberkommen – obwohl die Situation im Studio fordernd sei: «Hier haben wir einen Text mit ganz bestimmten Wörtern, da können diese schon mal durcheinandergeraten», erklärt Camilla Kvalheim. «Darum gehen wir es immer wieder durch – bis es sitzt.»
Was entsteht, ist eine wöchentliche online News-Sendung mit allem, was dazu gehört. Gemacht von Menschen mit geistigen Behinderungen. Berichtet wird über Themen, die die Community direkt betreffen – aber auch darüber hinaus auf Interesse stossen, wie etwa die Berichterstattung von TV Bra zu den letzten Wahlen.
Camilla Kvalheim ist die treibende Kraft hinter dem Projekt. Sie leitet nicht nur die Moderationen im Studio an, sondern begleitet die Entstehung der TV-Beiträge und kümmert sich ums Fundraising. Gerade organisiert Kvalheim die letzten Details für einen Dreh im norwegischen Parlament. Eingepackt werden auch Schilder mit einfachen Symbolen – für die einzelnen Parteien, für «Ja» und «Nein». Um Komplexes einfach zu erklären, braucht es viel Vorbereitung.
Menschen mit Behinderung ein Gesicht und eine Stimme geben
«Achtzig Prozent der Menschen mit Lernbehinderungen sind vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen», so Kvalheim. Auch im fortschrittlichen in Norwegen sei die Diskriminierung noch präsent. «Sie haben zu vielen Aktivitäten keinen Zugang oder bekommen im Alltag nicht die nötige Hilfe. Da ist es wichtig, ihre Geschichten zu erzählen.» Die Betroffenen selber würden durch die Arbeit von TV Bra Wertschätzung erfahren und Selbstvertrauen gewinnen.
Emily Ann Riedel interessiert sich nicht für die Frage, ob sie selber Diskriminierung erfahren habe. «Ich bin nicht negativ, ich bin immer positiv. Das Negative ist mein Feind, das Positive ist das, was mich antreibt», sagt sie. «Darum liebe ich es, hier zu arbeiten.»
Es ist wichtig, dass die Leute verstehen, dass wir einzigartig sind und dass auch wir unseren Träumen folgen können.
Für Emily ist TV Bra der Beweis, dass es auch für Menschen wie sie möglich ist, seine Träume zu verwirklichen. «Es ist wichtig, dass die Leute verstehen, dass wir einzigartig sind und dass auch wir unseren Träumen folgen können.» Auch deshalb arbeite sie so gerne. «Es muss perfekt sein. Ich möchte ein Vorbild sein und andere inspirieren.»