Mit der Anwendung von künstlicher Intelligenz wird die Technologie zunehmend mächtiger. Die Grundlage dafür bilden gesammelte Daten. Aktuell laufen beim Bundesamt für Statistik (BFS) grosse Bemühungen, die Daten in der Schweiz gesamtschweizerisch zu verknüpfen und zu nutzen. Die Schweiz betritt damit Neuland, was auch im Ausland auf Interesse stösst. Welche Faktoren beeinflussen beispielsweise das Krebsrisiko? Der Direktor des BFS, Georges-Simon Ulrich, erläutert die wichtigsten Fragen.
SRF News: Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat den Auftrag erhalten, ein Datentool für die Schweiz zu schaffen, das Systeme miteinander verknüpft. Was genau macht das BFS?
Georges-Simon Ulrich: Ein grosses Problem ist, dass wir gar nicht so genau wissen, welche Daten in der Schweiz vorhanden sind. Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir eine Art Suchmaschine für Daten brauchen.
Eine solche Datensuchmaschine ist eine Weltneuheit.
Um die Daten sichtbar zu machen, haben wir jetzt das Tool I14Y. Darin sind Beschriebe erfasst, wo welche Daten zu finden sind. Das ist ein Service für die Gesellschaft. Auch Privatpersonen sind jetzt aufgerufen, mitzumachen. Eine solche Datensuchmaschine ist eine Weltneuheit.
Ein Beispiel für die Verknüpfung von Daten könnten auch Gesundheitsdaten sein. Dies ist ein weiteres Projekt, dass gestartet wurde. Was würde das bringen?
Das Programm heisst DigiSanté. Es ist kein Geheimnis, dass das Schweizer Gesundheitswesen bei der Digitalisierung von Daten hinter den Erwartungen zurückbleibt. Mit diesem Projekt soll die Digitalisierung so weit vorangetrieben werden, dass Prozesse automatisiert werden können. Das würde unter anderem die Verwaltung betreffen, aber auch die Forschung. Nehmen wir das Beispiel Krebs. Es reicht nicht aus, ein Krebsregister zu haben, sondern man braucht auch andere Basisdaten. Daten aus der Bevölkerung, die verknüpft werden können.
Haben Sie ein Beispiel, was verknüpft werden könnte?
Bleiben wir beim Thema Krebs. Im Moment liegt die Hoheit über die Datenerhebung in diesem Bereich bei den Kantonen. Wenn es uns gelingt, gesamtschweizerische Daten zu erheben, könnten wir durch diese Verknüpfung mit Hilfe eines Algorithmus systematisch herausfinden, ob es Menschen gibt, die beispielsweise keinen Krebs entwickeln.
Gesundheitsdaten sind sehr sensibel. Könnten Cyber-Angriffe zum Problem werden?
Alle Daten, die wir erhalten, werden sofort pseudoanonymisiert, sobald sie bei uns eingehen. Das bedeutet, dass durch die Verschlüsselung keine Rückschlüsse auf Personen mehr möglich sind. Wir haben viele Techniken. Man spricht hier von privacy preserving techniques. Wenn wir nur einmal ein Datenleck hätten, wäre das Vertrauen weg. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit vor Cyber-Angriffen, aber die Sensibilität ist sehr hoch.
Das I14Y ist ein Novum und stösst auf internationales Interesse.
Genau. Nicht nur Länder wie Estland, die USA oder auch Albanien sind interessiert, sondern auch die UNO.
Nicht nur aufgrund von Covid sind Daten für die UNO viel wichtiger geworden. Und die Schweiz spielt beim Aufbau dieser Tools eine wichtige Rolle.
Die UNO ist der Ansicht, dass der sorgsame Umgang mit Daten ein wesentlicher Faktor für Frieden und Sicherheit ist. Zahlen helfen, zu verstehen, wo die Welt steht. Wenn wir an die 17 Entwicklungsziele der UNO denken, dann können Daten zeigen, wo die einzelnen Länder in Bezug auf Armut, Gesundheit oder auch Zugang zu Bildung stehen. Nicht nur aufgrund von Covid sind Daten für die UNO viel wichtiger geworden. Und die Schweiz spielt beim Aufbau dieser Tools eine wichtige Rolle.
Das Gespräch führte Karoline Arn. Mitarbeit: Géraldine Jäggi.