Wenn Vinokilo in Zürich gastiert, dann verzeichnen die Veranstalter bis zu 3'000 Besucher und Besucherinnen an einem Wochenende. Das deutsche Unternehmen macht den Secondhand-Kauf seit einigen Jahren europaweit zu einem Event: Mit DJs, Tattoo-Artists und einer Bar werden hauptsächlich junge Käufer und Käuferinnen in trendige Fabrikhallen gelockt.
Wir müssen viele Barrieren überwinden, um mit der modernen Mode konkurrenzieren zu können.
Zu kaufen gibt es getragene Kleidung aus aller Welt und bezahlt wird pro Kilo. Und allem Anschein nach ist genügend Ware vorhanden, denn laut Geschäftsleiter Robin Balser ist Vinokilo an diesem Samstag mit zweieinhalb Tonnen Kleidung angereist.
Diese Aufmachung mit trendiger Musik in urbanen Locations sei wichtig, sagt Geschäftsleiter Balser. Auch wenn er oft betont, dass Secondhand sein verstaubtes Image abgelegt habe, sagt er: «Wir müssen viele Barrieren überwinden, um mit der modernen Mode konkurrenzieren zu können.»
Die Kleider, die hier einen neuen Besitzer oder eine neue Besitzerin finden sollen, stammen laut Balser hauptsächlich aus Frankreich und Spanien und etwa ein Prozent sei aus den USA oder aus Japan. Vom Unternehmen geschultes Personal suche in Verteilzentren, wo die Ausbeute als Altkleidersammlungen landen, genau jene Teile aus, die aus ihrer Sicht verkauft werden können. Das seien lediglich bis zu vier Prozent der vorhandenen Kleider, sagt Balser.
Ähnlich macht dies das Schweizer Unternehmen Fizzen. Sie verkaufen neue Ware und Mode aus zweiter Hand unter einem Dach. Die Secondhandkleidung beziehen sie über ein Verteilzentrum in Holland, das wiederum Kleidung aus aller Welt sammelt. Aussortiert, gewaschen und geflickt wird in einer Halle in Bern.
Bis das getragene Kleidungsstück also im Schweizer Laden oder am Schweizer Vinokilo-Event in Zürich hängt, legt es teilweise einen weiten Weg zurück.
Secondhand als Gegenbewegung zu Fast-Fashion-Mode?
Dass Secondhandkleidung immer mehr ankommt, bestätigt auch Gianluca Scheidegger. Der Trend- und Konsumforscher stellt aber infrage, ob dies aufgrund eines generellen Nachhaltigkeitstrends geschehe. Denn auch der Markt für Fast-Fashion-Produkte habe zugelegt.
Des Weiteren stiegen in den letzten Jahren auch grosse Modeketten wie H&M oder Versandhäuser wie Zalando ins Secondhand-Geschäft mit ein. Gerade wenn diese Unternehmen den Kundinnen und Kunden nur Gutscheine für die eigene Plattform als Erlös für die Altkleider anbieten, ist Scheidegger kritisch, denn Kunden und Kundinnen würden dazu animiert, mehr einzukaufen: «Auswertungen zeigen, dass Kunden zu ihrer Secondhandkleidung auch neue Produkte auf der Plattform dazukaufen.»
Wer Secondhandmode möglichst nachhaltig konsumieren möchte, solle vor allem lokal denken: «Kleine Geschäfte, in welchen Private ihre Kleidung abgeben und diese vor Ort direkt wiederverkauft wird, halten den Kleiderkreislauf möglichst klein», so Konsumforscher Gianluca Scheidegger. So findet das Kleidungsstück eine neue Besitzerin oder einen neuen Besitzer und lange Transportwege werden eingespart.