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Schweizer Firma macht Kleider aus Plastikmüll
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 20.04.2022. Bild: ZVG/Revario
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Nachhaltigere Mode Wie ein Schweizer Start-Up Plastikmüll in Kleider verwandelt

Die Ozeane versinken im Plastik. Ein Schweizer Unternehmen gibt Gegensteuer. Denn Kleider aus Kunststoff sind im Trend.

Ob im Mittelmeer oder im indischen Ozean: Die Meere versinken im Plastikmüll. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis 2050 mehr Plastikteile als Fische in den Weltmeeren schwimmen.

Fischernetz
Legende: Taucher fangen Fischernetze ein, die später zu Plastikstoff verarbeitet werden. ZVG/Revenio

Dagegen will der Freiburger Jungunternehmer Michaël Ingram etwas tun. Der begeisterte Trail-Runner hat Revario gegründet. Eine Firma, die hochwertige Outfits für Bergsportlerinnen und -sportler produziert – und zwar aus recyceltem Plastik. «Wir verarbeiten Stoff aus alten Fischernetzen oder sonstigen Plastikresten», sagt Ingram zu SRF News.

Plastik-Stoff stammt aus Europa

Ob T-Shirts, Hosen oder Jäggli: Drei Schneiderinnen nähen im Revario-Atelier in Marly FR die Kleider für Bergläuferinnen und Bergläufer zusammen. Der Stoff stammt aus wiederverwertetem Plastik und PET-Flaschen, die Lieferanten in Deutschland oder Italien zu Stoff verarbeiten.

«Alle Plastikabfälle stammen dabei aus dem Umkreis von maximal 600 Kilometern», so Ingram weiter. Denn es sei ihm ein grosses Anliegen, dass der Stoff bei der Herstellung nicht um die halbe Welt transportiert werde.

Tausende Plastik-Kleider produziert

Die Sportkleider «Made in Switzerland» verkauft Revario zu Preisen in der Grössenordnung von 100 Franken. Natürlich sei es teurer, die Kleider in Marly statt in Asien nähen zu lassen. «Die reinen Materialkosten sind kaum höher als ein paar Franken. Die Margen in der Textilindustrie sind oft extrem hoch», sagt Ingram. Man könne auch mit etwas weniger Gewinn Geld verdienen.

Die reinen Materialkosten sind kaum höher als ein paar Franken. Die Margen in der Textilindustrie sind oft extrem hoch.
Autor: Michaël Ingram

Die Nachfrage nach umweltfreundlicheren Kleidern ist da: In den ersten Monaten hat Revario über 1000 Artikel produziert. Nächstes Jahr sollen es bereits 5000 sein. «Wir wollen in Zukunft auch Wander- oder Bikekleider herstellen. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt», so Ingram.

Schweizer Firmen mischen Recycling-Markt auf

Kein Wunder also, setzen auch grosse Marken auf Plastikkleidung. Adidas etwa stellt einen Schuh aus rezyklierten Fischernetzen her. Der Musiker Pharell Williams entwirft Kleider aus Meerplastik. C&A stellt Jeans aus recycelten Polyesterfasern her.

Näherinnen
Legende: Über 1000 Sportkleidungsstücke haben die Näherinnen von Revario bereits produziert. SRF

In diesem Geschäft mischt auch das Basler Start-Up Tide Ocean mit. Es sammelt Plastik aus Ozeanen sowie Stränden und verarbeitet dies in der Schweiz zu hochwertigem Granulat oder Fasern. Damit können Möbel, Armbänder für Uhren oder eben Kleidung hergestellt werden. Bei zahlreichen Unternehmen habe ein Umdenken stattgefunden, sagt Mitgründer Thomas Schori.

Umweltschützer kritisieren Modelabels

Box aufklappen Box zuklappen

Viele Modehäuser vermarkten ihre Müllkleidung als gute Tat für den Umweltschutz. Der Umweltorganisation Greenpeace stösst dies sauer auf. Die Firmen würden den Mythos vom ewigen Kreislauf propagieren. Dabei gibt es kein Plastik, das man unbegrenzt wiederverwenden kann. Denn um neue Produkte herzustellen, wird das Plastik jedes Mal einschmelzt. Dadurch verliert das Plastik unweigerlich an Qualität. «Eine dauerhafte Lösung ist die Verwendung von Altplastik für Kleidung wirklich nicht», sagt Nina Bachmann von Swiss Textiles zum Magazin «Doppelpunkt.» Vielmehr sollten die Modehäuser damit beginnen, ökologischere Materialen wie Bambus- oder Holzfasern zu verwenden.

Natürlich sei es ein Boomgeschäft und gut für das Image. «Viele Firmen haben aber inzwischen begriffen, dass wir nur einen Planet haben. Und sind bereit, Rezyklate in ihren Produkten einzusetzen.» Aktionäre würden zudem ihre Unternehmen vermehrt unter Druck setzen, mehr für die Nachhaltigkeit zu tun.

Kosten als Knackpunkt

Ein Problem bleiben die Kosten. Denn paradoxerweise ist es teurer, Kunststoff wiederzuverwerten – als etwa neue Plastikflaschen aus fossilem Erdöl herzustellen. Die Pluspunkte überwiegen aber laut Schori: «Wir schonen nicht nur die Umwelt, sondern wir geben dem Abfall einen Wert.» Dies, indem man den lokalen Fischern in Asien Geld für Plastikflaschen bezahle.

Flasche am Strand in Italien
Legende: Plastik, so weit das Auge reicht: Vermüllter Strand in Sizilien. Keystone

Für sie gibt es mehr als genug zu tun: Pro Jahr landen nämlich laut Schätzungen weltweit rund 150 Millionen Tonnen Plastik im Abfall und damit oftmals im Meer. Nur zehn Prozent davon wird rezykliert.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 19.04.2022, 17.30 Uhr ; 

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