Schon Jahre bevor Nemo am Eurovision Song Contest (ESC) «den Code» knackte, war das Bieler Talent bereits ein fester Bestandteil der Schweizer Musikszene. Schon als Teenager gewann Nemo fünf Swiss Music Awards.
Nun winke nach dem Sieg am ESC die Welt, heisst es vielerorts. Doch welche Voraussetzungen braucht es tatsächlich, damit aus dem Wunder von Malmö nicht nur ein «One-Hit-Wonder» wird?
Der Sänger und Musikproduzent Dodo hat keine Zweifel, dass Nemo auf der internationalen Bühne durchstarten wird. «Es wird richtig durch die Decke gehen, das geb ich euch heute schwarz auf weiss», sagte er gegenüber SRF.
Auch SRF-Musikredaktor Gerni Jörgler glaubt, Nemo habe die Voraussetzungen für eine Weltkarriere: «Bei Nemo ist das Fluch und Segen zugleich, dass Nemo so viele Talente hat. Man sieht es ja alleine im Song ‹The Code›: Nemo kann Rap, aber auch Oper. Alle Türen und Tore sind offen – egal, in welche Richtung Nemo gehen will.»
ESC als Plattform
Für den Einstieg ins globale, lukrative Musikgeschäft kann der ESC eine Plattform sein. Es gibt jedoch nur wenige, die das geschafft haben: 1974 siegte die schwedische Popgruppe ABBA. Ihr Vermögen wird heute auf rund 900 Millionen Euro geschätzt. Und 1988 gewann Céline Dion den Wettbewerb für die Schweiz. Ihr geschätztes Vermögen: 400 Millionen Euro.
2021 stand die italienische Rockband Måneskin zuoberst auf der Siegertreppe. Laut Schätzungen hat sie seitdem rund fünf Millionen Euro verdient. Einigen Siegerinnen und Siegern gelang immerhin eine nationale Karriere, wie beispielsweise Lena Meyer-Landrut, die den ESC 2010 für Deutschland gewann.
Doch für die grosse Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am ESC gilt: dabei sein ist schon alles. Aber eine internationale Musiklaufbahn und damit das grosse Geld bleibt ihnen versagt.
Chancen durch Musik-Streaming
Generell sei in der internationalen Musikindustrie das Geld, das heisst der Erlös, äusserst ungleich verteilt, sagt Andreas Ryser, Musikproduzent und Streaming-Experte. «Topstars haben fast alles und alle anderen weiter unten haben sehr wenig. Das ist genau gleich, wie sonst überall. Wenn man zuoberst steht, kann man relativ viel verdienen. Der Mittelstand hat ein Problem.»
Zumindest etwas finanzielle Entlastung für den künstlerischen Mittelstand könnte das Streaming schaffen. Dabei können Video- oder Musikdaten auf Computern, Handys oder Tablets über spezielle Internet-Plattformen wie Spotify abgespielt werden.
Es ist Fluch und Segen zugleich, dass Nemo so viele musikalische Talente hat.
«Streaming ist ein Nutzungsmodell. Man bekommt immer nur Geld, wenn man genutzt wird», erklärt Ryser. Ein Song, der gut ist, werde auch in den nächsten 70 Jahren gehört – und er werde entsprechend immer wieder Geld generieren. Der Song von Nemo steht in aktuellen Streaming-Listen weit oben. Das heisst: Es wird Geld fliessen. Wirklich viel aber nur, wenn das Stück auch zig Millionen Mal abgespielt wird.
Wird Nemo nun international durch die Decke gehen? SRF-Musikredaktor Jörgler ist sich nicht so sicher: «Nemo muss sich entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Nemo wird möglicherweise nicht per se im Mainstream kommerziellen Erfolg haben», glaubt Jörgler.