Vor Kurzem hat der US-Tech-Gigant Meta, zu dem Facebook, Instagram und WhatsApp gehören, zum ersten Mal seit dem Börsengang vor zehn Jahren einen Umsatzrückgang verkündet. Nun passt Meta die Strategie an: Nutzerinnen und Nutzer sollen mehr Inhalte von Personen ausserhalb ihres privaten Netzwerks angezeigt bekommen. Ist das der Beginn vom Ende der Social-Media-Ära? Digital-Redaktor Guido Berger ordnet ein.
SRF News: Was verspricht sich Meta von der neuen Strategie?
Guido Berger: Meta sieht, dass die Nutzung ihrer Plattformen stagniert oder zurückgeht. Man bemerkt, dass die Aufmerksamkeit abwandert, zum Beispiel zu Konkurrenten wie Tiktok. Je mehr Inhalte ich sehe, desto mehr Aufmerksamkeit schenke ich einer Plattform. Und es sind eben nicht die privaten Nutzerinnen und Nutzer, die viele Inhalte produzieren. Deshalb ist es naheliegend, mehr Inhalte von Influencern anzuzeigen.
Das digitale Universum Metaverse ist eine grosse Hochrisiko-Wette, die der Konzern eingeht.
Es ist eine bewährte Strategie von Meta: Auch auf die Konkurrenz durch Snapchat hat Meta reagiert, indem man das eigene Produkt Instagram etwas angenähert hat. Das Gleiche macht man jetzt mit Tiktok.
Inwiefern hängt die neue Strategie mit dem grossen Ziel von Meta zusammen, dem Metaverse?
Das hängt direkt zusammen. Das Metaverse – also das digitale Universum, in dem sich Nutzerinnen und Nutzer künftig bewegen sollen – ist eine grosse Hochrisiko-Wette von Meta. Es wird noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis man sieht, ob sich dies auszahlt. Bis dahin braucht der Konzern viel Geld, um ins Metaverse zu investieren. Dieses kommt durch den Verkauf der Aufmerksamkeit, die ich den Plattformen von Meta schenke, an Werbetreibende. Wenn diese Einnahmequelle abnimmt, kommt der Bau des Metaverse ins Schwanken.
Es gibt Kritik an der neuen Strategie: Man wolle doch auf Social Media einfach die Fotos von Freunde sehen. Geht Meta mit der Anpassung ein Risiko ein?
Meta ist der einzige Konzern, der mit den Produkten Facebook und Instagram private und öffentliche Inhalte mischt. Von diesem Grundprinzip rückt man nicht ab, man gewichtet es einfach anders. Deshalb gibt es auch Leute, die das Umgekehrte fordern: Die sagen, man solle ganz auf private Inhalte verzichten, weil das Plattformen wie Snapchat oder Nachrichtendienste wie WhatsApp besser abdecken.
Weg vom sozialen Netzwerk hin zur Unterhaltungsplattform: Inwiefern steht das stellvertretend für die Branche?
Es scheint eine Fragmentierung stattzufinden. Dass man also nicht mehr nur durch einen Feed einer einzigen App scrollt, sondern dass es mehr spezifische Tätigkeiten, Funktionen und Personenkreise gibt, die wir mit verschiedenen Apps und Netzwerken abdecken. Es sieht so aus, als stemme sich Meta gegen diesen grossen Trend, gegen diese Fragmentierung.
Es scheint eine Fragmentierung stattzufinden. Dass man also nicht mehr nur durch einen Feed einer einzigen App scrollt.
Aber niemand weiss so genau wie Meta, wie sich Nutzerinnen und Nutzer verhalten. Denn das Unternehmen ist voller guter Analysten und nach wie vor hat kaum jemand so viele Nutzer wie die Produkte des Metakonzerns. Vielleicht sieht der Konzern etwas, das andere nicht sehen.
Kommt es also verfrüht, bereits das Ende der sozialen Netzwerke auszurufen?
Ja, ich würde das so sehen. Auch falls Facebook und Instagram mit diesem einen grossen Feed, der Privates und Öffentliches mischt, tatsächlich aussterben: Für mich gehören zu sozialen Medien immer Leute, die sich mit anderen vernetzen. LinkedIn, Twitter oder Messengerdienste machen auch etwas, das man als Social Media bezeichnen könnte. Darum würde ich noch nicht damit beginnen, das Grab für Meta auszuheben.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.