Auf kaum einen lebenden Musiker trifft die Bezeichnung Rocklegende so sehr zu wie auf Keith Richards. Sein faltiges Gesicht und seine rauchige Stimme zeugen von der jahrzehntelangen Karriere im Musikgeschäft. Sein Leben ist Gegenstand unzähliger Mythen.
Der Gitarrist der Rolling Stones gilt als die Personifizierung des Rock 'n' Roll. Wenn man ihn darauf anspricht, gibt sich Richards allerdings bescheiden. «Keine einzelne Person kann diese Position ausfüllen», sagt er vergangenes Jahr im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. «Ich finde es umwerfend, dass die Menschen meine Arbeit akzeptieren. Ich bin manchmal richtig überwältigt.» Dann lacht er. «Aber ich will ihnen auch nicht widersprechen.»
Am Montag wurde Keith Richards 80 Jahre alt und hat allen Grund zum Feiern. Denn im hohen Alter zementiert der unverwüstliche Musiker weiter seinen Legendenstatus. Die neueste LP seiner Rolling Stones, «Hackney Diamonds», ist eines der erfolgreichsten Alben des Jahres.
Musik geerbt vom Grossvater
Als die Rolling Stones am 12. Juli 1962 im Londoner Marquee Club ihren ersten Auftritt absolvierten, konnte noch niemand vorhersehen, dass die fünf nervösen jungen Männer in dunklen Anzügen zu einer der berühmtesten, erfolgreichsten und langlebigsten Bands der Musikgeschichte avancieren würden. Mehr als 60 Jahre später sind von der damaligen Besetzung nur noch Keith Richards und Mick Jagger übrig. Ronnie Wood stiess erst in den 70er-Jahren zu den Stones.
Einzelkind «Keef» wurde am 18. Dezember 1943 in Dartford in der Grafschaft Kent geboren. Die Leidenschaft für die Musik erbte er von seinem Grossvater mütterlicherseits. Gus Dupree war Jazz-Musiker. Er nahm seinen Enkel regelmässig in Musikgeschäfte mit, kaufte ihm schliesslich seine erste Gitarre und brachte ihm Akkorde bei.
Entsprechend wurde Richards vom riesigen Erfolg der Stones vollkommen überwältigt, obwohl er als Kind davon geträumt hatte, ein Rockstar zu werden. An den Verlust der Privatsphäre musste sich der Musiker erstmal gewöhnen.
Mein Zufluchtsort war Heroin
Es hätte ihm vollkommen gereicht, einfach nur anonym Musik aufzunehmen. «Aber das war natürlich nicht möglich», sagt Richards. «Man muss rausgehen und sich präsentieren. Das habe ich gelernt, und es hat mir sehr gefallen. Aber ich glaube, mein Zufluchtsort war Heroin, es waren Drogen.»
Die Musik hatte stets Priorität
Erst als er 1977 in Kanada wegen Heroinbesitzes verhaftet wurde und eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren drohte, kam ihm die Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen konnte – allerdings nicht etwa wegen seiner eigenen Gesundheit. «In Kanada wurde mir bewusst, dass ich die Band in Gefahr brachte», erzählt er. Sein Gedanke: «Wenn ich hier rauskomme und keinen kalten Entzug im Knast machen muss, dann werde ich clean werden.» Die Musik hatte für ihn stets Priorität.
Im Vergleich zu früher lebt Richards mittlerweile einigermassen gesund. «Ich habe 2019 aufgehört zu rauchen und seitdem keine Zigarette angefasst», sagte er dem «Telegraph». «Heroin habe ich 1978 aufgegeben, Kokain 2006. Aber ich gönne mir immer noch gern gelegentlich einen Drink. Abgesehen davon versuche ich es zu geniessen, nüchtern zu sein. Das ist eine einzigartige Erfahrung für mich.»