Was viel Zucker beinhaltet, kann nicht gesund sein – man kennt's. Zum Glück gibt es künstlich gesüsste Getränke. «Zero» und «light», heisst es oft, sollen nämlich gesünder sein als ähnliche zuckerhaltige Produkte.
Nun geht allerdings die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Offensive. Sie hat ihre Empfehlungen angepasst. Eines vorneweg: Die perfekte Lösung sind auch die künstlichen Süssstoffe nicht. Wieso das so ist, erklärt Bettina Wölnerhanssen. Sie forscht am Claraspital in Basel unter anderem zu den Themen Zuckeralternativen und Übergewicht.
SRF News: Wieso sind Zucker und künstliche Süssstoffe ungesund?
Bettina Wölnerhanssen: Das kann man evolutionsbiologisch gut erklären. Der Mensch existiert in der heutigen Form ungefähr 100'000 Jahre und ein Zuckerkonsum in dem Mass, wie wir ihn heute haben, existiert erst seit ungefähr 150 oder 50 Jahren. Wir sind biologisch also nicht dafür programmiert, so viel Zucker zu uns zu nehmen.
Wir sind biologisch nicht dafür programmiert, so viel Zucker zu uns zu nehmen.
Dasselbe gilt auch für Süssstoffe. Diese kommen in der Natur nicht vor, das ist eine künstliche Substanz. Im Prinzip wäre es ideal, wenn wir wieder zurück zum Ursprünglichen könnten und den süssen Geschmack reduzieren würden.
Was lösen künstliche Süssstoffe im menschlichen Körper aus?
Das ist sehr schwierig zu beantworten, weil künstliche Süssstoffe sehr heterogen sind. Es gibt zum Beispiel gewisse Süssstoffe, die einen Effekt auf den Insulinspiegel haben, bei anderen fehlt dieser. Aber ganz harte Evidenz für eine Nebenwirkung und ein Risiko gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Süssstoffe waren in den vergangenen Jahren so etwas wie die Antwort auf die Frage, wie der Zuckerkonsum reduziert werden könnte. «Zero» oder «light» wird quasi gleichgestellt mit «gesünder». Muss dieses Versprechen hinterfragt werden?
Man muss das Ganze einfach ein bisschen einordnen. Zunächst: Die gesündeste Variante ist ohnehin das Glas Wasser. Wenn man jetzt ein normales Süssgetränk mit einem Süssgetränk mit künstlichen Süssstoffen vergleicht, dann ist die Evidenz zum jetzigen Zeitpunkt immer noch so, dass das mit Zucker gesüsste Getränk viel ungesünder ist.
Sprechen wir doch noch kurz über den allgemeinen Zuckerkonsum in der Schweiz. Dieser soll zurückgehen.
Wir stehen da leider nicht besonders gut da. Die aktuellsten Zahlen stammen von einer Studie aus dem Jahr 2019. Und gemäss dieser Studie konsumieren wir ungefähr 107 Gramm Zucker pro Tag. Die WHO empfiehlt deutlich unter 50 Gramm pro Tag; ein sehr ehrgeiziges Ziel, aber es ist zu erreichen.
Die gute Nachricht ist: Das Gehirn ist sehr plastisch, kann sich anpassen. Also können wir auch unseren Geschmack anpassen. Wir können uns also langsam an den weniger süssen Geschmack gewöhnen.
Eine andere Antwort verschiedener Länder auf das Problem ist die Zuckersteuer. Wäre diese auch was für die Schweiz?
Die WHO hat im Dezember vergangenen Jahres Richtlinien herausgegeben, in denen sie die Einführung einer Zuckersteuer empfiehlt. Das wäre tatsächlich ein sehr guter Hebel, um insbesondere eine spezielle Gruppe zu erreichen; nämlich die Jugendlichen, die sehr gerne zum Beispiel in der Pause von der Schule weggehen und sich ein Süssgetränk kaufen. Das ist eine Gruppe, die tatsächlich sehr sensibel auf Preiserhöhungen reagiert. Dies könnte wirklich zu einer Reduktion des Konsums führen.
Das Gespräch führte Dominik Brand.