Seit 1969 ist die Schweiz ein Atomland. Im September dieses Jahres wurde Beznau 1 nach vier Jahren Bauzeit in Betrieb genommen. Der Start von Beznau fiel in eine Zeit, als der Glaube an den technologischen Fortschritt in der Schweiz gross war. Neben Beznau 1 und 2 waren damals acht bis zehn weitere Atomkraftwerke (AKW) geplant.
Von der Kernenergie versprach man sich eine auf unbestimmte Jahre hinaus garantierte Stromversorgung. Der Brennstoff der AKW ist enorm energiereich, so dass für die Stromproduktion viel weniger Rohstoff benötigt wird als beispielsweise bei einem Kohlekraftwerk.
Die Gefahren der Nukleartechnik, die spätestens seit der Atomkatastrophe Tschernobyl bekannt sind, lernte man in der Schweiz kurz vor der Inbetriebnahme von Beznau 1 kennen. Im Januar 1969 explodierte in Lucens (VD) ein Forschungs-Reaktor. Dieser atomare Unfall wurde im Nachhinein als ebenso gravierend eingeschätzt wie der Brand des Kernreaktors in Sellafield (GB), in dessen Folge über 200 Menschen an Lungenkrebs starben.
Der energiereiche Brennstoff der Kernkraftwerke hat allerdings Schattenseiten: Er strahlt radioaktiv und auch der anfallende Abfall ist aufgrund der Strahlung über viele Jahre hinweg weiterhin gefährlich. Ein Lösungsansatz für das atomare Abfallproblem schien jedoch schnell gefunden. Bereits 1975 meinte der damalige Direktor von Beznau, Kurt Küfer, den Atommüll im Boden vergraben zu können.
Nicht alle glaubten das Problem des Atommülls aber so einfach gelöst. In den 70er Jahren formierte sich unter anderem deshalb eine Anti-Atomkraft-Bewegung. Die AKW-Gegner besetzten 1975 das Baugelände des im Aargau geplanten AKW Kaiseraugst und protestierten ebenfalls gegen ein mögliches AKW in Graben im Oberaargau.
Obwohl das Abfallproblem nicht gelöst war, baute der Bund weitere Kernkraftwerke – das letzte in Leibstadt 1984. Er beauftragte allerdings Ende der 70er Jahre die Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) damit, bis 1985 ein funktionierendes Konzept für ein Tiefenlager vorzulegen, sonst würde der Betrieb der fünf AKW eingestellt.
Die Nagra konnte der Aufgabe nicht nachkommen. Der Bund setzte seine Drohung jedoch nicht in die Tat um – im Gegenteil. Im Nationalrat wurde 1985 über einen weiteren Reaktor, nämlich Beznau 3, diskutiert. Aber die AKW-Katastrophe von Tschernobyl setzte diesem Plan ein abruptes Ende.
Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 bewog die Schweizer nicht zum Ausstieg aus der Atomenergie; die Proteste gegen Beznau und andere AKW hielten jedoch an. Demonstranten versuchten mehrmals, die Ausfuhr von Atommüll zu verhindern.
Die Problematik des Atommülls fand damals kein breites Gehör in der Bevölkerung. Mit der Jahrtausendwende kam zudem die Klima-Debatte auf das Tapet und AKW galten wieder als CO2 freundliche Alternative für die Energieproduktion. Der Bund plante deshalb nach Ablauf eines zehnjährigen AKW-Moratoriums, neue Kernkraftwerke zu bauen.
Wiederum wurde der früher diskutierte neue Reaktor (Beznau 3) zu einer Möglichkeit. Aber wie schon zuvor war es eine Atomkatastrophe, die diese Pläne durchkreuzte. 2011 ereignete sich die Nuklearkatastrophe in Fukushima (Japan). Ein Erdbeben löste einen Tsunami aus. Als Folge davon kam es beim Atomkraftwerk Fukushima zu mehreren Störfällen, unter anderem zu einer Kernschmelze. Die ganze Region wurde verstrahlt.
Nach dem Reaktorunfall in Fukushima beschloss der Bund den Ausstieg aus der Atomenergie, der 2017 vom Volk bestätigt wurde. Mit dem geregelten Ausstieg verpflichtete sich der Bund, keine neuen Atomkraftwerke zu bauen. Die bestehenden hingegen dürfen noch am Netz bleiben, solange sie sicher sind.
Beznau 1 gilt als ältestes Kernkraftwerk, das kommerziell genutzt wird. Zuletzt war Beznau 1 für drei Jahre ausgeschaltet. Die Schutzhülle des Reaktors musste genau geprüft werden. Im Sommer wurden am Reaktordruckbehälter nämlich 925 Materialfehler entdeckt.
Die Rede war von fehlerhaften Materialstellen von einer Grösse von 5 bis 6 Millimetern. Gemäss Abklärungen der Betreiberin Axpo waren die Materialfehler bei der Schmiedung des Druckbehälters 1965 in Frankreich entstanden. Die Deckel im Reaktor 1 und 2 wurden in der Folge ausgetauscht, für rund 100 Millionen Franken.
Pünktlich zum 50-Jahr-Jubiläum konnte Beznau 1 den Betrieb wieder aufnehmen und produziert nun wieder Strom. Nebst dem Strom wird auch wieder Abfall produziert – die Nagra untersucht seit Längerem, wo man den radioaktiven Müll endlagern könnte. Die Standortsuche läuft. Bis 2050 soll das Tiefenlager für schwach- und mittelaktive Abfälle in Betrieb gehen. Jenes für hochaktive Abfälle im Jahr 2060.