In der Schweiz raucht gut ein Viertel der Bevölkerung ab 15 Jahren. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind es 32 Prozent. Die Mehrheit greift vor dem 18. Altersjahr zum ersten Glimmstängel. Gründe für den Einstieg in den Konsum von Tabakprodukten seien Neugier, das soziale Umfeld, aber auch die Werbung der Tabakbranche, welche bewusst die Jungen als Neukunden gewinnen wolle, sagt Stephanie Unternährer, Co-Leiterin des Tabakpräventionsprogramms des Kantons Zürich.
Der Schweizer Zigaretten-Verband «Swiss Cigarette» widerspricht. Die Kundinnen und Kunden seien klar die Erwachsenen, Jugendliche seien nicht die Zielgruppe. «Mit unserer zielgerichteten Werbung an Erwachsene möchten wir bestehende Raucher oder solche, die den Rauchentscheid bereits gefällt haben, über unsere Produkte informieren. Wir wollen keine Nichtraucher überzeugen, mit Rauchen zu beginnen.»
Liberale Gesetzgebung
Bezüglich Werbung für Tabakprodukte ist die Schweiz eine Ausnahme in Europa: Aussenwerbung für Tabakprodukte ist in fast allen europäischen Ländern verboten – die Schweiz kennt auf nationaler Ebene kein Verbot. In Printmedien ist Tabakwerbung gar in allen europäischen Ländern verboten. Ausser in der Schweiz.
Seit mehr als fünf Jahren diskutiert das Parlament ein neues Bundesgesetz über Tabakprodukte. Der Umgang mit Tabakprodukten soll darin strenger geregelt werden – aber weniger stark als ursprünglich vorgesehen.
Der Ständerat hat jetzt einige Restriktionen aufgeweicht. So soll etwa Werbung in Printmedien und im Internet nur dann verboten sein, wenn sich die Publikationen explizit an Jugendliche richten. Zudem soll Tabakwerbung im öffentlichen Raum verboten werden. Der Ständerat folgt damit dem Nationalrat und stellt sich gegen eine Volksinitiative, die ein umfassendes Verbot für Tabakwerbung fordert, wenn diese Kinder und Jugendliche erreicht.
Einfluss der Tabakwerbung
Die Tabakindustrie hält nichts von strengeren Werbeverboten. Sie brächten nichts: «Uns stört, dass keine Diskussion darüber geführt wird, ob ein zusätzliches Werbeverbot tatsächlich dazu führt, dass weniger Jugendliche rauchen. Aus dem Ausland weiss man, dass dies nicht der Fall ist», sagt Kevin Suter von «Swiss Cigarette».
Ganz anders sieht das Stephanie Unternährer vom Zürcher Tabakpräventionsprogramm: Mit diversen Studien sei belegt, dass Kinder und Jugendliche eher mit Rauchen begännen, je mehr Tabakwerbung sie sähen. «Darum ist es zentral, dass wir ein umfassendes Werbeverbot hinkriegen.»
Debatte geht weiter
Wegen geringfügiger Differenzen geht das Tabakproduktegesetz nochmals in den Nationalrat. Die Initianten der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» bereiten sich auf den Abstimmungskampf vor, der voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 stattfinden werde.
Ein umfassendes oder ein teilweises Tabakwerbeverbot – die Debatte wird weiterhin für rauchende Köpfe sorgen.