Darum geht es: Am 11. März 2011 ereignete sich ein Erdbeben der Stärke 9.1 vor der Ostküste der japanischen Insel Honshu. Folge: Ein riesiger Tsunami rollte auf die japanische Ostküste zu. Die teils mehrere Meter hohe Wasserwalze sorgte für immense Zerstörung und forderte insgesamt über 20'000 Menschenleben. Die dort 14 Meter hohe Wassermauer beschädigte auch das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi, dessen sechs Atomreaktoren unmittelbar an der Meeresküste stehen. Die Kühlung fiel aus, es kam zur Kernschmelze in mehreren der Reaktoren. Auch jetzt noch, 13 Jahre nach der Atomkatastrophe, beschäftigen die Altlasten Behörden und Betreibergesellschaft.
Baustelle Fukushima: Heute reiht sich auf dem AKW-Gelände Tank an Tank. Darin lagern rund 1.3 Millionen Tonnen kontaminiertes Wasser aus dem lecken Kühlsystem der Reaktoren. Das Wasser ist zwar gereinigt, enthält jedoch noch immer radioaktives Tritium, das sich nicht mehr herausfiltern lässt. Da der Platz knapp ist, lässt die AKW-Betreiberin Tepco seit letztem Jahr etappenweise tritiumhaltiges Wasser ins Meer – bis Ende März werden es insgesamt rund 31'200m³ sein. Innert der kommenden zwölf Monate sollen weitere 54’600m³ dazukommen.
Bergung der Brennstäbe: Die eigentliche Herausforderung ist die Bergung der geschmolzenen Brennstäbe in den Reaktoren 1 bis 3. Da dort die Strahlung tödlich ist, soll es ferngesteuert geschehen. Geplant war, dass Spezialisten diesen März mit der Testentnahme im Reaktor 2 beginnen. Doch wegen der Corona-Pandemie konnten laut Tepco ein spezieller Roboter-Arm und die dazugehörigen Experten aus Grossbritannien erst verspätet nach Japan reisen. Auch versperrten Trümmer einen Bereich des Tunnels, in dem der Roboter-Arm hätte eingesetzt werden sollen. Tepco hat daher das Verfahren angepasst und die Tests auf nächsten Oktober verschoben.
Lager für verstrahlte Erde: Die meisten verstrahlten Gebiete in Fukushima sind inzwischen dekontaminiert. Die betroffenen Häuser und Bäume wurden gewaschen, die oberste Schicht der Erde von Feldern und Gärten abgetragen, insgesamt rund 14 Millionen Kubikmeter Material. Der grösste Teil davon lagert in einem Zwischenlager gleich beim AKW. Das Lager kann aber nur bis 2045 betrieben werden. Dann muss der verstrahlte Abfall ausserhalb der Provinz Fukushima gelagert werden, so verlangt es das Gesetz.
Kaum Rückkehrende: In der Region unmittelbar beim AKW stehen noch immer verlassene und zerfallende Häuser, gleich daneben zieren neue Gebäude und Strassen auf den dekontaminierten Grundstücken die Gegend. So etwa in Futaba, einer der beiden Standortgemeinden des AKWs. Die Regierung versucht, mit Subventionen Gewerbe anzulocken. In einem neuen Café arbeitet Shiho Suzuki.
Die 19-Jährige ist wegen der Arbeit hierhergezogen. Angst vor der radioaktiven Strahlung hat sie nicht: «Ich denke, es ist hier ungefährlich. Klar, es gibt keine völlige Garantie, dass es nicht erneut zu einer Explosion kommen könnte. Trotzdem denke ich, dass wir hier sicher leben können.» Suzuki glaubt an eine positive Zukunft für Futaba. Doch der Wiederaufbau braucht Zeit. Vor dem Beben und Tsunami am 11. März 2011 lebten rund 7000 Personen in der Gemeinde, heute sind es erst gut 100.