Karl Johannes Nepomuk Joseph Norbert Friedrich Antonius Wratislaw Mena, Fürst zu Schwarzenberg, Herzog zu Krumau, Graf zu Sulz, gefürsteter Landgraf im Klettgau: Wer so adlig ist, der passt eigentlich schlecht zu einer frisch erkämpften Demokratie.
Dem ersten frei gewählten Präsidenten der Tschechoslowakei, Vaclav Havel, war das egal, wie Schwarzenberg in seinem Stammcafé sagt: «Noch am Tag, an dem der Präsident gewählt wurde, hat er mich aufgefordert, mitzuarbeiten. So war ich plötzlich ein Beamter.»
Schwarzenberg wurde Leiter des Büros des Staatspräsidenten, wurde nach gut 40 Jahren im österreichischen Exil unmittelbar ins Zentrum der tschechischen Politik katapultiert. Schon vom Exil aus hatte er Dissidenten rund um Havel unterstützt und war immer wieder in seine Heimat gereist. Doch er sagt: «Ich musste mein eigenes Land erst wieder kennenlernen. Ich wusste aus Österreich, dass Emigranten schon nach zwei Jahren keine Ahnung mehr haben, wie ihr Land funktioniert.»
Fluch und Segen der Abstammung
Auch deshalb kandidierte der Fürst erst später selbst als Politiker. Ab 2004 sass er für verschiedene konservative Parteien im Parlament, war zweimal Aussenminister und wollte vor acht Jahren Präsident werden. Doch der heutige Amtsinhaber Milos Zeman holte mehr Stimmen.
Seine adlige Herkunft und der Reichtum seien dabei Vor- und Nachteil gewesen, so Schwarzenberg. «Ich habe zugegebenermassen einen Namen gehabt, der im ganzen Land bekannt ist. Das war ein Vorteil. Doch andere sagten, es sei unmöglich, dass einer wie ich Präsident wird.»
Nun tritt der Fürst von der Politbühne ab. Am Tischchen der Cafés in der Prager Innenstadt lehnt eine Krücke, die Füsse sind so aufgedunsen, dass sie nur noch in schwarze Plastiksandalen passen. Der 83-Jährige wirkt gebrechlich und müde. Ausser wenn er darüber spricht, was sich in Tschechien in den letzten Jahrzehnten alles zum Guten gewandelt hat.
«Wenn Sie vor 40 Jahren durch dieses Land gefahren sind, war die dominierende Farbe Grau.» Heute seien die Häuser renoviert, strahlen in frischen Farben, es gibt Wirtshäuser und Geschäfte. «Das Land lebt.» Insgesamt ist er aber ernüchtert von der Entwicklung Tschechiens. «Die Inexistenz eines wirklichen Rechtsstaats stört mich am meisten.»
Elefant mit zweifelhafter Geschichte
Sinnbild dafür ist Regierungschef Andrej Babis, mächtigster Politiker und einer der reichsten Geschäftsleute Tschechiens. «Die Kombination dieser Eigenschaften macht ihn wirklich zu einem Elefanten.» Zu einem mit einer zweifelhaften Geschichte: «Wenn man in so kurzer Zeit ein so grosses Vermögen ansammelt, stellen sich immer gewisse Fragen.»
Babis war bei der Staatssicherheit und ist nach der Wende sehr rasch sehr reich geworden. Woher das Geld kam, weiss man bis heute nicht. Diesem Reichtum habe Babis seine Macht zu verdanken, glaubt Schwarzenberg. Und als Regierungschef vermische er nun politische Macht und Geschäftsinteressen. «Wer Ministerpräsident ist, Chef der stärksten Partei und vielfacher Milliardär, hat auch in einer Demokratie eine so starke Stellung, dass man das berücksichtigen muss.»
Nach den Wahlen wird der Fürst nicht mehr im Abgeordnetenhaus sitzen. Der Mann, von dem seine Ehefrau sagt, die Politik sei sein Lebenselixier, wird sich wieder mehr um seine Schlösser und Ländereien kümmern, seine Gesundheit und seine Enkel. Aber, sagt der Fürst zum Abschied, er werde sich weiterhin zur tschechischen Politik äussern. «Ich werde mich nach wie vor betätigen. Ohne Lebenselixier kann man nicht leben.»