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30 Jahre Mauerfall Was aus dem «Jammer-Ossi» geworden ist

Schwächere Wirtschaft, unzufriedenere Menschen, schlechtere Lebensqualität – was ist dran? Wir servieren die Zahlen.

Seit dem Fall der Berliner Mauer vor 30 Jahren hat sich im Osten Deutschlands zwar viel getan. In vielen Bereichen hinkt er aber noch hinterher. Wir zeigen:

  • wo es sich am besten essen lässt,
  • wo die grössten Unternehmen sitzen,
  • wie sich die Zwangskollektivierung von DDR-Betrieben noch heute zeigt,
  • wo der Osten mit dem Westen gleichzieht,
  • wo mehr ausländische Arbeitnehmer beschäftigt sind,
  • wer in puncto Produktivität die Nase vorn hat,
  • dass der «Jammer-Ossi» allmählich zum Klischee wird.

Mit zwei oder drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurants finden sich vor allem in West- und Süddeutschland. Einzige Ausnahme im Osten: Berlin. Die Verteilung sagt wohl weniger etwas über die Zahl der Feinschmecker aus, als über deren Kaufkraft. Restaurants mit einem Stern gibt es rund 250, sie sind auf der Karte nicht verzeichnet. Aber auch davon verteilen sich nur 20 auf die fünf ostdeutschen Bundesländer ohne Berlin.

Ein ähnliches Bild ergeben die Hauptsitze deutscher Unternehmen. Die 30 grössten Konzerne, die im Börsenleitindex DAX abgebildet sind, sitzen alle im Westen. Lediglich Siemens hat neben München noch einen Sitz in Berlin. Von den 60 nächstgrösseren Unternehmen aus dem MDAX ist nur eines in einem ostdeutschen Flächenland beheimatet: der Linsen- und Mikroskop-Hersteller Carl Zeiss Meditec im thüringischen Jena. Immerhin vier MDAX-Konzerne sitzen in Berlin.

Während die grossen Unternehmen im Westen Deutschlands sitzen, hat der Osten die grösseren landwirtschaftlichen Betriebe. Sie sind ein Relikt aus DDR-Zeiten. Damals wurden viele Bauernhöfe zwangskollektiviert und zu grösseren Einheiten zusammengeschlossen. Viele der sogenannten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) wurden nach der Wende in Genossenschaften oder GmbHs umgewandelt, die noch immer die ostdeutsche Landwirtschaft dominieren.

Nicht alles ist im Osten anders als im Westen. Es gibt auch Lebensbereiche, in denen heute ähnliche Verhältnisse herrschen. Während etwa zu DDR-Zeiten besonders in ländlichen Gebieten kaum jemand ein Telefon hatte, herrscht 30 Jahre nach der Wende bei der Ausstattung mit Kommunikationstechnik nahezu Gleichstand.

Auch in Sachen Lebenserwartung hat der Osten aufgeholt. Frauen in Ost und West werden mit gut 83 Jahren gleich alt, ostdeutsche Männer (77 Jahre) haben das Niveau der westdeutschen Männer (78 Jahre) noch nicht ganz erreicht.

Dass der Osten bevölkerungsmässig weit homogener ist als der Westen, zeigt sich in der Verteilung ausländischer Arbeitsnehmer. Während es vor allem im Süden viele Landkreise mit einem Ausländeranteil an der arbeitenden Bevölkerung von mehr als 15 Prozent gibt, beträgt ihr Anteil in mehreren ostdeutschen Regionen nicht einmal drei Prozent.

Die Wirtschaftskraft legte im Osten in den ersten Jahren nach der Wende stark zu, seitdem nähert sich das ostdeutsche Bruttoinandsprodukt (BIP) allerdings nur noch sehr langsam dem westdeutschen an. 2017 erreichte das ostdeutsche BIP je Einwohner 73 Prozent des West-Niveaus – ein Umstand, den Experten auch der stärkeren Überalterung im Osten zuschreiben.

Trotz schwächerer Wirtschaftskraft: Ostdeutsche sahen für sich persönlich in den letzten Jahren immer weniger Grund zum Jammern. Diesen Schluss lässt zumindest eine Studie zu, nach der sich die Zufriedenheit der Menschen im Osten immer weiter derjenigen der Westdeutschen annähert.

Audio
Ostdeutschland brachte Altschulden in die neue Zeit
aus Rendez-vous vom 28.10.2019. Bild: Keystone
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