- Zum Auftakt des Nato-Gipfels in Washington haben die USA und andere Partner der Ukraine weitere militärische Unterstützung zugesagt.
- US-Präsident Joe Biden kündigte bei einem Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Verteidigungsbündnisses an, die USA und weitere Nato-Staaten wollten Kiew zusätzliche Ausrüstung zur Abwehr russischer Luftangriffe liefern.
- Biden, der nach seinem verpatzten TV-Duell unter besonderer Beobachtung steht, brachte seinen Auftritt fehlerfrei über die Bühne, allerdings mithilfe eines Teleprompters.
- Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warb noch einmal für deutlich mehr Hilfe und die Aufnahme der Ukraine in das Bündnis.
Der Festakt wurde in der US-Hauptstadt im Andrew W. Mellon Auditorium ausgerichtet und damit an dem Ort, an dem am 4. April 1949 mit dem Washingtoner Vertrag das Gründungsdokument der Nato unterzeichnet wurde. Biden würdigte das Bündnis als die «grösste und wirksamste Verteidigungsallianz in der Geschichte der Welt».
Alle Augen auf Biden gerichtet
Der Demokrat, der in diesem Jahr Gipfel-Gastgeber ist, kämpft derzeit an allen Fronten darum, seine Kandidatur für die Präsidentenwahl im November zu retten. Er hatte Ende Juni bei dem Fernseh-Duell gegen seinen republikanischen Herausforderer Donald Trump einen desaströsen Auftritt hingelegt. Das fachte die Debatte über seine mentale Fitness und seine Eignung für eine weitere Amtszeit in einem ganz neuen Ausmass an. Derzeit wird jede Regung, jeder Satz in der Öffentlichkeit des 81-Jährigen genau analysiert.
Beim Nato-Festakt in Washington war Biden eine gewisse Anspannung anzumerken. Er trug seine Rede vor den Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitgliedsstaaten ohne grössere Patzer vor.
Die Ukraine im Fokus
Bei dem Gipfeltreffen steht der Ukraine-Krieg ganz oben auf der Agenda. Mit der Zusage weiterer Unterstützung der ukrainischen Luftabwehr sandten die USA und andere Alliierte gleich zum Start ein Signal an Kiew. Die Ukraine mahnt seit langem eindringlich, sie brauche vor allem Ausrüstung, um das Land vor russischen Luftangriffen zu schützen.
Mehrere Nato-Länder – darunter die USA, Deutschland, Rumänien, die Niederlande und Italien – kündigten in einem gemeinsamen Statement nun an, sie wollten «zusätzliche strategische Luftverteidigungssysteme zur Verfügung stellen, darunter zusätzliche Patriot-Batterien, die von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Rumänien gespendet wurden». Ausserdem wollten die Niederlande und andere Partner Komponenten liefern, um ein weiteres Patriot-System zu betreiben, hiess es.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski bedankte sich. Auf der Plattform X schrieb er, die zusätzlichen Patriots und Luftabwehrsysteme würden dabei helfen, «russische Drohnen und Raketen zu zerstören und die Ukrainer besser vor russischem Terror aus der Luft zu schützen».
Nato-Generalsekretär wirbt für neue Beitritte
Stoltenberg nutzte seine Rede, um für eine Aufnahme von beitrittswilligen Ländern wie der Ukraine zu werben. Die Erweiterung des Bündnisses nach dem Ende des Kalten Krieges habe Europa geeint, den Weg zur Integration geebnet und Frieden und Wohlstand über den Kontinent gebracht. Wie damals müssten auch heute «Klarheit und Entschlossenheit» gezeigt werden, mahnte er.
Mit den Äusserungen zur Nato-Erweiterung stellte sich Stoltenberg klar auf die Seite derjenigen Bündnismitglieder, die dem Beitrittswunsch der Ukraine sehr offen gegenüberstehen und dem Land schnelle Fortschritte im Aufnahmeprozess ermöglichen wollen. Positive Entscheidungen in diese Richtung werden vor allem wegen des Widerstandes von Bundeskanzler Olaf Scholz und Biden nicht erwartet.