Die Vereinten Nationen – oder kurz die UNO – feiern dieses Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum. Warum dies nur bedingt ein Grund zum Feiern ist, erläutert SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck im Interview.
Sebastian Ramspeck
Internationaler Korrespondent
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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.
SRF News: Die UNO feiert dieses Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum. Ein Grund zum Feiern?
Sebastian Ramspeck: Die UNO gibt zurzeit ein schlechtes Bild ab, sie ist in schlechter Verfassung. Es gibt also nur bedingt einen Grund zum Feiern. Dennoch, wenn es die UNO nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Denn sie ist die einzige Begegnungsstätte für alle Staaten der Welt, grosse und kleine, arme und reiche, Demokratien und Diktaturen. Man müsste sie erfinden, aber in anderer Form.
Welches ist die grösste Schwäche der Vereinten Nationen?
Die UNO wird 75 und ist immer noch gleich aufgebaut wie bei Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg. Im mächtigsten Gremium, dem Sicherheitsrat, haben fünf Staaten ein Veto-Recht. Die UNO ist also immer nur dann handlungsfähig, wenn sich die USA, Frankreich, Grossbritannien, Russland und China einig sind. Und dies ist leider selten der Fall.
Historische Reden vor der UNO
Welches sind die grössten Misserfolge der UNO?
Wenn sich die fünf Staaten nicht einig sind, versagt die UNO als Friedensorganisation. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit ereignen sich schreckliche Kriege und Kriegsverbrechen, aktuell unter anderem in Syrien und in der Ukraine.
Die UNO gibt zur Zeit ein schlechtes Bild ab, sie ist in schlechter Verfassung.
Zudem tut sich die UNO mit neuen Aufgaben schwer. Mit Seuchen wie dem Coronavirus hat sich der UNO-Sicherheitsrat als oberstes UNO-Gremium nie beschäftigt, auch angesichts anderer globaler Probleme wie Klimawandel oder Migration ist die UNO schwach.
Auf welche Erfolge kann die UNO zurückblicken?
Sind sich die fünf Staaten einig, kann die UNO durchaus Frieden vermitteln oder erzwingen und für internationales Recht sorgen. So zum Beispiel 1991 bei der Befreiung von Kuwait mit einem UNO-Mandat nach der Annexion durch den Irak, 1993 bei der Schaffung der Kriegsverbrecher-Tribunale für Jugoslawien oder aktuell beim Waffenstillstand in Hudaida, Jemen.
Sind sich die fünf Staaten einig, kann die UNO durchaus Frieden vermitteln.
Sie unterhält Unterorganisationen wie zum Beispiel die Weltorganisation für Meteorologie, die sich um ganz praktische Dinge kümmern. Zudem kümmert sie sich auch um ganz praktische Regeln, wie zum Beispiel die Harmonisierung der Strassenverkehrsregeln in grossen Teilen der Welt.
Die USA drohen der UNO mit Beitragskürzungen. Was bedeutet das für die Vereinten Nationen?
Dies schadet der UNO und nützt China. China ist in der UNO je länger je präsenter und übt als zweitgrösster Beitragszahler Einfluss auf ärmere Staaten aus, vor allem in Asien und Afrika. China nützt also das Vakuum, welches die USA bei ihrem Rückzug hinterlassen.
Die bisherigen UNO-Generalsekretäre
Generalsekretär António Guterres will die UNO reformieren. Was genau könnte unternommen werden?
Die UNO ist sehr bürokratisch, 193 Mitgliedsstaaten wollen mitreden, vertreten sein und ihre Interessen aktiv durchsetzen. Eine Schlankheitskur, beispielsweise die Zusammenlegung von Abteilungen wäre dringend nötig. Man müsste auch Entscheidungsprozesse verschlanken. Das würde allerdings konsequenterweise heissen, die fünf Veto-Mächte geben Macht ab. Dies ist unwahrscheinlich. Erst recht in der heutigen Zeit, wo Misstrauen und Rivalität zwischen USA und China immer mehr zunehmen.
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Tagesschau, 25.06.2020, 19.30 Uhr
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Sebastian Ramspeck
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