Was bisher geschah: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist derzeit zu Besuch in der Türkei. Am Mittwochabend traf er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser hat Abbas die Unterstützung der Türkei für die Palästinenser und seine Kritik an Israel bekräftigt. Erdogan prangerte erneut das Leid der Zivilpersonen in Gaza an und kritisierte den Westen erneut: Das Schweigen des Westens und die Hilfe des Westens für Israel seien nicht mehr hinnehmbar, sagte er. Die internationale Gemeinschaft solle mehr Druck auf Israel machen und dafür wolle sich die Türkei weiter einsetzen. Zudem ist geplant, dass Abbas auf Einladung Erdogans heute Donnerstag um 14 Uhr eine Rede vor dem türkischen Parlament hält.
Die Gründe für diese Rede: Erdogan versteht die Rede gewissermassen als Gegenstück zur Rede von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress vor rund drei Wochen. Wenige Stunden vor dem Eintreffen Abbas' sagte Erdogan, wenn Netanjahu in den USA sprechen könne, dann könne das Abbas auch in der Türkei.
Die Türkei will damit seine Unterstützung des palästinensischen Volkes demonstrieren, aber nicht nur: «Er hofft, mit der Inszenierung dieses Besuchs innenpolitisch zu punkten», sagt Thomas Seibert, Journalist in Istanbul. Die kleine islamistische Partei, die «neue Wohlfahrtspartei», kritisiere Erdogan, zu wenig hart gegen Israel vorzugehen. Und dieses Argument verfange bei einem Teil von Erdogans Anhängern, sagt Seibert. Diese Kritik war einer der Gründe, weshalb Erdogans Partei AKP bei der Kommunalwahlen im Frühjahr eine schwere Niederlage hinnehmen musste. «Erdogan braucht unbedingt einen Erfolg und der Besuch von Abbas soll dabei helfen», sagt Seibert.
Warum Erdogan die Beziehungen zu Israel doch wichtig sind: Erdogan versucht immer wieder, politische Zeichen zu setzen. Jüngst hat die türkische Regierung beispielsweise Instagram sperren lassen. Hintergrund waren wohl gelöschte Beileidsbekundungen für den getöteten Politchef der Hamas, Ismail Hanija. Der türkische Kommunikationsdirektor warf der Plattform Zensur vor. Was den Islamisten im Land gefiel, verärgerte den Rest der türkischen Gesellschaft. Deshalb krebste die Regierung nach einer Woche zurück. Dies zeige, dass Erdogan die Beziehungen zu Israel nach wie vor wichtig seien, sagt Seibert.
Der Journalist sagt auch, Erdogan wolle die Beziehungen zu Israel nach dem Krieg wieder reparieren. Er breche die diplomatischen Beziehungen mit Israel eben nicht ab. Zudem ermögliche er weiterhin, dass beispielsweise Ölexporte aus Aserbaidschan über die Türkei nach Israel fliessen. Dieser pragmatische Kurs werde für Erdogan aber wegen des innenpolitischen Drucks zunehmend schwieriger.