Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Israel mit einer militärischen Einmischung gedroht. «So wie wir in Bergkarabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun», sagte Erdogan am Sonntag auf einer Veranstaltung seiner Regierungspartei AKP in Rize am Schwarzen Meer mit Blick auf Israel. Er bezog sich dabei auf den Bergkarabach-Konflikt, in dem Erdogan die Konfliktpartei Aserbaidschan unter anderem mit Drohnen unterstützte. Im Bürgerkriegsland Libyen unterstützt Ankara die international anerkannte Regierung mit militärischer Ausstattung und Personal. SRF-Auslandredaktor Philipp Zahn ordnet die Drohung gegen Israel ein.
Wie ernst meint Erdogan seine Drohung, dass die Türkei in Israel einmarschiert?
Das ist eine leere Drohung. Es geht Erdogan in erster Linie um ein innenpolitisches Signal. Mit seiner Aussage bedient er natürlich die antiisraelische Stimmung bei den Angehörigen seiner Partei und überhaupt in der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung der Türkei. Wie bereits in der Vergangenheit versucht er sich, als Fürsprecher der Sunniten in der Welt darzustellen.
Wie fallen die Reaktionen in der Türkei aus?
Sowohl in Erdogans Partei als auch in der Bevölkerung gab es wenige Reaktionen auf die Drohung. Sie ist quasi nur noch eine weitere verbale Eskalation, die man in der Türkei eigentlich nicht mehr ernst nimmt. In der Vergangenheit hatte er den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu etwa bereits des Völkermords bezichtigt.
Wie hat sich die Beziehung zwischen der Türkei und Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober verändert?
In den 1990er-Jahren und bis in die Mitte der Nullerjahre pflegte die Türkei im Vergleich zu anderen islamisch geprägten Ländern partnerschaftliche Beziehungen mit Israel. Seit Erdogan an der Macht ist, haben sie sich laufend verschlechtert und mit dem Gaza-Krieg neue Tiefpunkte erreicht. Erdogan bezeichnete die islamistische Hamas als eine «Befreiungsorganisation» und er hatte sich im April mit dem politischen Chef der Hamas, Ismail Hanija, in Istanbul getroffen. Das zeigt ganz klar Erdogans Sympathien und seine Haltung gegen Israel. Zudem hatte die Türkei Anfang Mai aufgrund der «dramatischen humanitären Situation im Gazastreifen» die Handelsbeziehungen mit Israel bis auf Weiteres ausgesetzt.