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US-Richter zieht Zulassung der Abtreibungspille zurück
Aus Tagesschau vom 08.04.2023.
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Abtreibung in den USA Bundesrichter aus Texas setzt Zulassung für Abtreibungspille aus

  • Im US-Bundesstaat Texas hat ein Bundesrichter die Zulassung für das Abtreibungsmedikament Mifepriston ausgesetzt.
  • Die Pille wird bei mehr als der Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüchen eingesetzt.
  • Das US-Justizministerium kündigte an, Berufung einzulegen.

Die Zulassung für die Abtreibungspille Mifepriston wurde vom texanischen Gericht per Verfügung ausgesetzt. Der Beschluss vom Freitag solle jedoch erst in sieben Tagen in Kraft treten. So will das Gericht der Behörde, welche für die Zulassung von Medikamenten zuständig ist, die Möglichkeit geben, Berufung einzulegen, wie das Gericht mitteilte.

Es sind orange Mediakmentenpackungen zu sehen, darauf steht Mifepristone.
Legende: Die Abtreibungspille Mifepriston ist seit über 20 Jahren zugelassen. REUTERS/Annie Rice

Der Richter in Texas gab mit der Verfügung einer Klage von Abtreibungsgegnerinnen und -gegnern gegen die Arzneimittelbehörde FDA statt. Sie werfen der FDA vor, das Medikament nicht ausreichend geprüft zu haben.

Drei Fragen an Barbara Colpi – drei Antworten

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SRF News: Der Bundesrichter begründet die Aussetzung der Zulassung mit medizinischen Bedenken. Ist das gerechtfertigt?

USA-Korrespondentin Barbara Colpi: Nein, die Ärzte-Vereinigung, Gynäkologinnen und auch Universitätsprofessorinnen haben sich geäussert und sagen, Mifepriston sei seit über 20 Jahren zugelassen und habe sich bewährt für Schwangerschaftsabbrüche in den ersten Wochen. Zudem werden über die Hälfte der Abtreibungen in den USA medikamentös eingeleitet.

Kurz nach dem Urteil aus Texas hat ein anderes Gericht ein gegensätzliches Urteil gesprochen. Welche Bedeutung hat dieses Urteil?

Das bedeutet, dass der Zugang zu Mifepriston nicht so schnell, wenn überhaupt, landesweit unmöglich wird. Es zeigt aber auch die Folgen des Urteils von letztem Sommer des Obersten Gerichts, nämlich dass die politische Debatte um das Recht auf Abtreibung nun in den Bundesstaaten geführt wird. Es gibt ein neues Schlachtfeld zwischen den Gegnern der Abtreibungspille und der wissenschaftlichen, unabhängigen Zulassungsbehörde FDA.

Hat der Richterspruch aus Texas Präzedenz-Charakter?

Absolut. Die Vermischung von Politik, Justiz und Wissenschaft ist neu. Joe Biden hat Bedenken geäussert, dass mit diesem Richterspruch die wissenschaftliche Kompetenz der Zulassungsbehörde FDA untergraben werde und sagte, dass wenn dieses Urteil Bestand hätte, es praktisch kein von der FDA zugelassenes Medikament mehr gäbe, dass sicher wäre vor ideologischen und politischen Angriffen. Fachpersonen befürchten, dass die Abtreibungspille nur der Anfang sei und auch versucht werde, andere Arzneimittel auf richterlichem Weg zu verbieten, genannt werden zum Beispiel Impfungen gegen Kinderkrankheiten.

US-Präsident Joe Biden kündigte an, seine Regierung werde gegen den Richterspruch ankämpfen. Justizminister Merrick Garland teilte mit, sein Ministerium werde Berufung dagegen einlegen. Damit deutet sich ein langwieriger Rechtsstreit um die Zukunft des Abtreibungsmedikaments an, der nach Ansicht vieler Beobachter am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem obersten Gerichtshof der USA landen könnte.

Dramatische Auswirkungen bei Nicht-Zulassung

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Sollte die Zulassung des Medikaments tatsächlich zurückgezogen werden, hätte das nach Ansicht von Befürwortern des Rechts auf Abtreibung dramatische Auswirkungen für die Gesundheit von Frauen im ganzen Land. Präsident Biden sagte am Freitag, die Entscheidung des texanischen Gerichts sei ein weiterer beispielloser Schritt, Frauen grundlegende Freiheitsrechte abzuerkennen und ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Nur kurz nach dem Urteil aus Texas verfügte ein US-Gericht im Bundesstaat Washington, dass der Zugang zum Medikament bestehen bleiben müsse. Sieben von Demokraten regierte Bundesstaaten und der District of Columbia, der Bezirk, in dem die US-Hauptstadt Washington liegt, hatten geklagt, den Zugang zu dem Medikament in ihren Staaten aufrechtzuerhalten. Dem gab der vom früheren Präsidenten Barack Obama eingesetzte Richter im Bundesstaat Washington statt.

Spiegel der tiefen politischen Spaltung

Der aktuelle Streit um die Verfügbarkeit von Mifepriston und die Rechtmässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen insgesamt, spiegelt die tiefe politische Spaltung des Landes. Es ist eines der Kernthemen der Auseinandersetzung, die in den USA oft als «Culture Wars», als Kampf der Kulturen zwischen konservativen und progressiven Kräften bezeichnet wird. Vor allem die religiöse Rechte und weite Teile der republikanischen Partei versuchen seit Jahrzehnten, dieses Recht einzuschränken oder gar abzuschaffen.

Der Richter im aktuellen Fall, Matthew Kacsmaryk, wurde von Ex-Präsident Donald Trump ernannt und gilt als streng konservativ und tief religiös. Präsident Biden sagte am Freitag, die Entscheidung in Texas «ist der nächste grosse Schritt hin zu dem landesweiten Verbot von Abtreibungen, das gewählte republikanische Volksvertreter geschworen haben, in Amerika zum Gesetz zu machen.»

SRF 4 News, 08.04.2023, 03:00 Uhr ; 

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