Sie gilt als Afrikas reichste Frau und erfolgreiche Unternehmerin: Isabel dos Santos, Tochter des früheren Präsidenten von Angola, José Eduardo dos Santos. Ihre Botschaft: Wenn du hart arbeitest, kannst du alles schaffen. Eine internationale Recherche zeigt nun, wie die Milliardärin zu ihrem Geld gekommen ist. Auch die Schweiz gerät dabei in die Schlagzeilen. Afrika-Korrespondentin Anna Lemmenmeier überraschen die Erkenntnisse nicht.
SRF News: Was zeigen die Recherchen von rund 120 Journalistinnen und Journalistinnen zu den sogenannten #LuandaLeaks?
Anna Lemmenmeier: Sie zeigen, wie Isabel dos Santos, Tochter des langjährigen Präsidenten Angolas – ihr Vater war fast 40 Jahre lang an der Macht – und ihr Mann sich bereichern konnten. Das Paar profitierte von öffentlichen Geldern und korrupten Geschäften.
Wie überraschend sind diese Vorwürfe?
Nicht überraschend, denn schon seit Jahren haben angolanische und internationale Aktivisten und NGOs auf Isabel dos Santos' Geschäfte hingewiesen. Nun wurden dem Konsortium rund 700'000 Dokumente zugespielt. So konnten die Journalisten eindeutige Muster nachweisen und mit Daten und Zahlen zu einigen Geschäften das Ausmass aufzeigen.
Isabel dos Santos gilt als reichste Frau Afrikas. Was heisst das?
Sie hat überall in Angola ihre Finger drin: Öl, Diamanten, Land, Telekommunikation. Ihr Vermögen wird auf über zwei Milliarden US-Dollar geschätzt. Sie selbst sagt, sie habe sich dieses Geld hart erarbeitet, doch sie ist nicht nur deswegen reich, wie man jetzt sieht. Sie betont stets, sie wolle Angola vorwärtsbringen und Arbeitsplätze schaffen. Und das hat sie auch.
Was ist über die Verstrickungen mit der Schweiz bekannt?
Da geht es vor allem um zwei Fälle. Beim einen geht es um ein Genfer Schmuckgeschäft, das die staatliche angolanische Diamantenfirma vor einigen Jahren gekauft hat. Profitiert davon hat aber nicht der angolanische Staat, sondern Isabel dos Santos und ihr Mann. Dieses Geschäft war bekannt.
Der Politiker sagt, er habe nicht gewusst, dass es sich um lusche Geschäfte gehandelt habe.
Beim zweiten Fall handelt es sich um einen ehemaligen Schweizer Politiker und Wirtschaftsanwalt, der die Präsidententochter und ihren Mann bei ihren Geschäften unterstützt haben soll. Dieser Fall war mir bis anhin unbekannt.
Worum geht es in diesem zweiten Fall?
Dabei geht es offenbar um Geschäfte im Erdölbereich. Der Politiker soll Isabel dos Santos dabei unterstützt haben, eine Holding zu gründen. Ihr Mann soll einen Teil davon erhalten und so profitiert haben. Der Politiker sagt, er habe nicht gewusst, dass es sich um lusche Geschäfte gehandelt habe. Er habe geglaubt, die zwei seien tüchtige Geschäftsleute. Doch das alles scheint nicht ganz korrekt abgelaufen zu sein, wie man jetzt sieht.
In Angola wird seit Anfang Jahr gegen Isabel dos Santos ermittelt. Wie stark steht sie im eigenen Land unter Druck?
Sehr stark. Dos Santos Nachfolger João Lourenço hat sich gegen die ehemalige Präsidentenfamilie gewendet und geht sowohl gegen den Sohn von dos Santos als auch die Tochter vor. Er hat Isabel dos Santos von ihrem Posten bei der staatlichen Ölfirma entfernt und fror Anfang Jahr ihre Konten ein. Er will damit zeigen, dass es ihm mit der Korruptionsbekämpfung ernst ist.
Und wie reagiert man in Angola darauf?
Die meisten Angolaner haben davon gewusst. Aktivisten begrüssen die Recherchen, vonseiten der Regierung habe ich keine Reaktion gesehen. Isabel dos Santos verteidigt sich auf Twitter: «Das einzige, was ich mache, ist Angola voranbringen. Das sind alles Lügen, das ist alles politisch motiviert.»
Das Gespräch führte Claudia Weber.