Beim ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache und beim ehemals hohen FPÖ-Funktionär Johann Gudenus gab es Hausdurchsuchungen. Es sind ungewöhnliche Vorgänge, die der ORF und «Der Standard» bekannt gemacht haben.
Die beiden bis vor kurzem zentralen Figuren der rechtsnationalen Freiheitlichen waren auch die Protagonisten des verhängnisvollen Ibiza-Videos, welches den Sturz der Regierung im Mai ausgelöst hatte. Beide Parteifunktionäre hievte das Filmchen aus ihren Ämtern.
Jetzt geht es um den Verdacht, dass die Politiker einen Deal mit einer Glücksspielfirma ausgehandelt haben sollen: Im Gegenzug für versprochene Vorteile für die Firma sollte ein FPÖ-Mann in den Aufsichtsrat gewählt werden. «Wir gehen davon aus, dass die Vergabe von Glücksspiellizenzen vereinbart worden ist», sagt der Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Verdacht der Bestechlichkeit
Es ging also nicht bloss um den üblichen Postenschacher, sondern um Bestechung und Bestechlichkeit. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sechs Personen und eine Organisation. Grundlage der Untersuchung bildet nicht das Ibiza-Video, sondern eine anonyme Anzeige. Die Behörden hatten offenbar genug Hinweise, um aktiv zu werden. Die Betroffenen weisen die Vorwürfe zurück, die FPÖ distanziert sich.
Diese sogenannte Casino-Affäre hängt indirekt mit dem Ibiza Skandal zusammen. Denn schliesslich behauptet Strache in dem Video, die Glücksspielfirma Novomatic zahle «alle». Auch rund um das Video ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits wegen Bestechlichkeit und Gründung einer staatsfeindlichen Verbindung.
Ausserdem wird untersucht, ob die seltsame Vernichtung von Drucker-Festplatten aus dem Kanzleramt kurz nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos – aber vor dem Sturz der Regierung – im Zusammenhang mit dem Video steht. Der ehemalige Kanzler Sebastian Kurz hatte das stets bestritten. Jetzt steht die Schredder-Affäre wieder im Fokus.
Lauter Affären prägen den Wahlkampf
Das also ist die Gemengelage in Österreich zu Beginn des Wahlkampfs: Statt um Klimafragen, soziale Sicherheit und Einwanderung geht es um Casino-Affäre, Ibiza-Affäre und Schredder-Affäre. Wer verschuldet was? Welche Rolle hatte die ÖVP von Sebastian Kurz? Im Raum stehen lauter brisante Verdächtigungen, Antworten gibt es kaum.
In diesem dichten Nebel müssen die Österreicherinnen und Österreicher in gut sechs Wochen ein neues Parlament wählen. Von der verworrenen Lage könnten zum Beispiel die oppositionellen liberalen Neos profitieren.
Politiker verlieren das letzte Vertrauen
Die Neos pochten immer auf Transparenz. «Wir haben von vorneherein davor gewarnt, dass jene am Werk sind, welche sich das Land zu Lasten der Steuerzahlerinnen und der Österreicher aufteilen wollen», sagte Sepp Schellhorn von den Neos im ORF. «Es ist ein ganz schreckliches Sittenbild.»
Vom ganzen Drunter und Drüber wird das Ansehen der Politik mit Sicherheit nicht profitieren. Bei einer Befragung zum Vertrauen in Berufsgruppen in Österreich landeten die Politiker schon Ende letzten Jahres auf dem drittletzten Platz. Es gibt also noch Luft nach unten.