Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Diesen Eindruck erhält, wer mit Marci McCarthy spricht. «Diese Gewalt, diese Zerstörung – echte Trump-Anhänger tun so etwas nicht», glaubt sie. Sie ist Vorstandsmitglied der Republikaner im DeKalb-County im Bundesstaat Georgia. Sie habe auf Fotos aus dem Kapitol bewaffnete Randalierer gesehen, die wie linke Antifa-Aktivisten aussähen.
Die Bundespolizei FBI widerspricht der Behauptung, dass anti-faschistische Aktivisten am Sturm auf das Kapitol beteiligt gewesen seien. Unbeirrt davon behauptet aber auch Randy Ross aus Florida, nicht die Anhänger Trumps seien im Kapitol gewalttätig geworden und hätten Sachschaden angerichtet.
Randy Ross ist Trump-Fan der ersten Stunde. Er hat über 100 Trump-Rallies besucht, Wahlkampfspenden gesammelt und sogar seinem Hund den Namen Trumpy gegeben. Den Berichten über die Ausschreitungen von Trump-Anhängern in den sogenannten Mainstream-Medien wie CNN oder der «New York Times» glaubt er kein Wort. Ihnen sei eine Falle gestellt worden.
Konkret hätten als Trump-Fans verkleidete Agitatoren die wahren Anhängerinnen und Anhänger des Präsidenten dazu angestiftet, ins Kapitol einzudringen. Und wer soll diese Agitatoren bezahlt haben? Der jüdische Multimiliardär George Soros, vermutet Randy, oder gar China. Denn es gebe viele, die verhindern wollten, dass Trump noch einmal kandidieren könne.
Aufruf zu Gewalt «reine Rhetorik»
McCarthy ist überzeugt: Trump werde zu Unrecht beschuldigt, er habe seine Fans zuvor zum Sturm aufs Kapitol angestachelt. Denn der Präsident habe sich in seiner Rede doch deutlich gegen Gewalt ausgesprochen, behauptet sie.
Und auch Ross will in der Rede des Präsidenten keine Aufforderung erkennen, gewaltsam ins Kapitol einzudringen. Trumps Aufforderung, zum Kapitol zu marschieren und wie verrückt zu kämpfen, sei bloss Rhetorik gewesen, findet er. Daran, dass einige diese Worte falsch interpretiert hätten, sei Trump nicht Schuld. Aber warum hat der Präsident anschliessend so lange geschwiegen?
Es könne sein, dass Trump von seinen Beratern schlechte Ratschläge erhalten habe. Denn in der Regierung arbeiteten viele gegen den Präsidenten. Und auch in der Partei gebe es einige, die Trump loswerden wollten, glaubt Ross.
Dass die Republikaner im Kongress Trump nun nicht mehr vorbehaltlos unterstütze, mache viele an der Basis sehr wütend, sagt McCarthy. Wer sich nicht voll hinter Trump stelle, müsse abgewählt werden. Der Partei drohe die Spaltung, denn einige Politiker seien nur noch dem Namen nach Republikaner.
70 Prozent glauben an Wahlbetrug
Die wahren Republikaner seien diejenigen, die Trump unterstützten, ist sie überzeugt. Selbst wenn Joe Biden am Mittwoch ins Weisse Haus einziehe, akzeptiere sie das Wahlresultat nicht. Für sie werde Trump immer der rechtmässig gewählte Präsident bleiben, der Präsident des Volkes.
70 Prozent der Republikaner glauben Trumps Lüge, dass bei der Wahl am 3. November massiv betrogen worden sei. Der Mythos des gestohlenen Sieges, der zum Sturm auf Kapitol geführt hat, hat an der Basis Wurzeln geschlagen.
Auch Ross glaubt bis heute, es sei gar nicht möglich, dass Biden, der kaum Wahlkampf geführt habe, mehr Stimmen erhalten habe. So wie er und Marci McCarthy denken die meisten Republikaner ausserhalb der Hauptstadt. Viele Fakten akzeptieren sie nicht. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf.