Was auch immer die genauen Hintergründe der spektakulären Luftangriffe auf saudische Ölanlagen waren: Für Farea al Muslimi sind zwei Dinge klar: «Als der Jemenkrieg begann, hatten die Huthis keine Drohnen. Nach bald fünf Jahren Krieg haben sie Drohnen, sogar solche, die tausend Kilometer entfernte Ziele erreichen können, zum Beispiel tief in Saudiarabien.» Und zweitens schüre das, was sich am letzten Samstag in Saudi-Arabien ereignete hat, die Spannungen in der Region nur noch weiter.
Der Jemenite Muslimi befürchtet, den Preis werde auch diesmal in erster Linie sein Land zu bezahlen haben. Wer immer glaube, seine Muskeln spielen lassen zu müssen, könne das in Jemen am einfachsten tun.
«Hier ist bereits ein aktiver Kriegsschauplatz. Schon jetzt wird der interne Konflikt in Jemen von einem regionalen Stellvertreterkrieg überlappt. Und diese regionale Dimension wurde mit den Attacken vom letzten Wochenende auf eine neue Eskalationsstufe gehoben», so der Analytiker.
«Die Saudis dachten bei Kriegsbeginn, das werde ein leichtes Spiel: Zwei der reichsten Länder der Welt, unterstützt von den mächtigsten Ländern der Welt, gegen eines der ärmsten Länder der Welt – Jemen», so Muslimi. Doch bald fünf Jahre später steckten die Saudis in Jemen in der Falle.
Trotzdem ist kein Ende des Krieges in Sicht: «Gerade in dieser Region gibt es immer noch Leute, die glauben, Kriege könnten eine Lösung sein. Und es gibt auch Leute, die sich vom Chaos Nutzen versprechen», betont Muslimi.
Dabei geht er nicht nur mit den Saudis scharf ins Gericht, sondern auch mit den Huthis. Diese geben vor, das jemenitische Volk zu vertreten und ihre Legitimation aus einer Revolution gegen eine zutiefst korrupte politische Elite zu beziehen.
Die Huthi arbeiten bloss zu ihrem eigenen Nutzen.
Doch die schiitischen Huthis seien zur Mafia verkommen, die durch geografische, konfessionelle, ideologische und Stammeselemente geprägt sei, sagt Muslimi. «Sie arbeiten nicht fürs Gemeinwohl, sondern für den Eigennutz.»
Ernsthafter politischer Prozess notwendig
Und wie könnte ein Ausweg aus der verfahrenen Situation aussehen? «Die Saudis und die Exilregierung Hadi sagen, man kann nicht mit den Huthis reden. Doch das ist nur die Entschuldigung jener, die wollen, dass der Krieg weitergeht», so Muslimi.
Das Gegenteil sei der Fall: Auf dem Schlachtfeld seien die Stammeskämpfer nicht zu bezwingen. Doch in einem politischen Prozess könnte man den Huthis sehr wohl Konzessionen abringen. Voraussetzung wäre, dass es dafür einen ernsthaften politischen Willen gebe.
Doch Jemen schickt keine Flüchtlingsströme nach Europa und hat wirtschaftlich kein Gewicht. Entsprechend gering war bisher das internationale Engagement für eine Konfliktlösung – trotz aller Lippenbekenntnisse. Die Eskalation der letzten Tage lässt wenig Hoffnung aufkommen, dass sich das bald ändern könnte.