- Im österreichischen Ischgl hat sich ein grosser Teil der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert.
- 42,4 Prozent der untersuchten Bürger haben Antikörper auf das Coronavirus entwickelt.
- 85 Prozent der Infizierten haben Covid-19 nicht bemerkt. Das zeigt eine umfassende Studie der Medizinischen Universität Innsbruck.
42,4 Prozent – das sei der weltweit höchste bisher publizierte Wert, sagt Dorothee von Laer, die Direktorin des Instituts für Virologie in Innsbruck. Antikörper im Blut gelten als Nachweis für eine durchgemachte Infektion.
Am stärksten vom Coronavirus betroffen war die Altersgruppe zwischen 18 und 60, wobei Männer etwas häufiger als Frauen infiziert wurden. 214 der untersuchten Personen waren Kinder (unter 18 Jahren). «Die Kinder waren weniger betroffen», sagt von Laer. In dieser Gruppe hätten 27 Prozent Antikörper gebildet.
Ischgl als Hotspot
Ischgl mit seinen Après-Ski-Bars gilt als Brennpunkt für die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich und Teilen Europas. Nach Angaben österreichischer Behörden waren zeitweise 40 Prozent aller Fälle im Inland auf Ischgl zurückzuführen. Auch viele deutsche Touristen haben sich nach ihrer Überzeugung in Ischgl angesteckt.
Eine Kommission im Bundesland Tirol soll nun das stark kritisierte Krisenmanagement unter die Lupe nehmen. Das Paznauntal mit den Orten Ischgl und Galtür wurde am 13. März unter Quarantäne gestellt. Aus Sicht von Kritikern und Betroffenen hätte dieser Schritt früher erfolgen müssen.
Trotz des hohen Antikörper-Werts ist in Ischgl keine Herdenimmunität erreicht.
Auffällig sei, dass von den positiv auf Antikörper getesteten Personen zuvor nur 15 Prozent die Diagnose erhalten hatten, infiziert zu sein, sagt von Laer. «85 Prozent derjenigen, die die Infektion durchgemacht haben, haben das unbemerkt durchgemacht.» Trotz des hohen Antikörper-Werts sei auch in Ischgl keine Herden-Immunität erreicht. Entscheidend für den Rückgang der Fälle seien die Quarantäne und die soziale Distanz gewesen, hiess es.
Da es sich bei Ischgl um eine Gemeinde handele, die aufgrund sogenannter Superspreading-Events überdurchschnittlich von der Pandemie betroffen und durch strikte Quarantänemassnahmen von der Umwelt abgeschlossen gewesen sei, könnten aus der Studie wichtige Erkenntnisse zu Virus-Ausbreitung und Infektionsverlauf gewonnen werden, so die Universität.
Rund 80 Prozent der Ischgler Bevölkerung nahmen an der Studie teil. 1473 Probanden waren zwischen 21. und 27. April untersucht worden.
Antikörpertests in der Schweiz
Auch aus der Schweiz gibt es Studien zu den Corona-Antikörpertests. Im Kanton Waadt konnten Forscher der Universität Lausanne zuletzt eine Immunität bei sieben Prozent der Getesteten nachweisen. Für eine Studie im Bündner Südtal Misox wurde das Blut von 427 Menschen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass 2.6 Prozent der getesteten Personen Antikörper gegen das Virus entwickelt hatten. Bei einer Untersuchung von Blutspendern und Patienten der Uniklinik in Zürich fanden sich jedoch nur bei 1.2 Prozent der Menschen Antikörper.
Am aussagekräftigsten ist eine Studie aus Genf mit 1335 Menschen, die einen repräsentativen Querschnitt der Genfer Bevölkerung abbilden. Sie wurden im April über mehrere Wochen auf Antikörper getestet. Die Forscher fanden in der ersten Woche nur bei 3.1 Prozent der Getesteten Antikörper, nach drei Wochen aber bei 9.7 Prozent. Gemessen an den rund 5000 offiziell registrierten Covid-19-Fällen in der Stadt deuten auch diese Ergebnisse auf eine sehr hohe Dunkelziffer hin.