Marina positioniert sich regelmässig mit einer US-Flagge an der Kreuzung vor dem Coliseum, einer Mehrzweckhalle in Phoenix/Arizona. Sie will ihre Unterstützung für die Nachzählung zeigen. «Ich habe so überwiegend starke Unterstützung gesehen für Trump, ich finde es verdächtig, dass Biden mehr Stimmen erhalten haben soll», sagt Marina.
Angebliche Wahlzettel aus China
Sie ist nicht allein: Laut Umfragen glaubt die Mehrheit der Republikanerinnen und Republikaner, bei der Wahl von Joe Biden im November sei betrogen worden. Eine Behauptung, die von Nachzählungen und Gerichten mehrfach widerlegt worden ist.
Im Coliseum findet die Nachzählung statt, angeordnet von den Republikanern im Parlament von Arizona. In der Halle werden die letzten der rund zwei Millionen Wahlzettel des Bezirks Maricopa von Hand nachgezählt und das Papier überprüft – etwa auf Bambusspuren.
Ein Gerücht besagt, dass gefälschte Wahlzettel aus China verwendet wurden. Ein anderes, bereits wieder dementiertes Gerücht besagte, dass Wahlzettel fehlen würden.
Berichtet hat dies die Reporterin Christina Bobb des Senders One America News. Der Sender ist klar pro Trump positioniert und heizt mit unbelegten Gerüchten stetig Zweifel an der Wahl an.
Reporterin sammelt Spenden
Bobb ruft auf dem Sender auch zu Spenden für die Nachzählung auf, hat die Spendenorganisation selbst gegründet. Sie greift die Wahlaufsicht in Arizona an: «Republikaner haben die Wahl im Bezirk Maricopa überwacht. Unter ihrer Aufsicht geschah etwas, was betrügerisch aussieht.» Beweise dafür nennt sie keine.
Angegriffen wird auch Stephen Richer, Verantwortlicher für die Wahldokumente im Bezirk Maricopa, Republikaner und Trump-Wähler. Er sagt: Die Wahl wurde bereits professionell überprüft und ist korrekt abgelaufen.
Keine professionelle Firma würde das so machen.
Als die Falschmeldung verbreitet wurde, es seien Daten unter seiner Aufsicht unrechtmässig gelöscht worden, retweetet von Donald Trump persönlich, platzte ihm der Kragen.
«Diese Nachzählung wird von Leuten organisiert, die Verschwörungstheorien verbreiten. Leute, die bereits sagten, dass sie an Wahlbetrug glauben, von einer Gruppe, die keine Erfahrung hat mit Wahlen und Nachzählungen. Auch Leute, die bei den Wahlen kandidierten, arbeiten mit. Das ist äusserst ungewöhnlich. Keine professionelle Firma würde das so machen.»
Zweifelhafte Finanzierung
Die vom Senat beauftragte Firma heisst «Cyber Ninjas». Deren Chef Doug Logan glaubt an Wahlbetrug. Die Firma hat keine Erfahrung mit Wahlen. Zur Frage, von wem die Nachzählung mitfinanziert sei, sagt Logan nur, er wisse es nicht.
Unter diesen Umständen könne nichts Gutes bei der Nachzählung herauskommen, denn es fehle die Unvoreingenommenheit und Professionalität. Das sagt auch der konservative Kommentator Mike Broomhead des Radiosenders KTAR. Er kritisiert in seiner Show die Nachzählung.
So oder so verlieren die Republikaner Wähler.
Vor allem aber könne dies die Republikanische Partei Wählerstimmen kosten. «Die republikanische Basis ist empört, wenn ich gegen die Nachzählung bin. Aber wenn ich sage, ich bin für die Nachzählung, werden unabhängige Wählende empört sein.» So oder so verlören damit die Republikaner Wähler.
Arizona könnte Nachahmer finden: Immer wieder kommen Republikaner aus anderen umkämpften Bundesstaaten zur Besichtigung. Die Saat der Zweifel an der Wahl ist aufgegangen.