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IS-Anhänger wegen Terrorhilfe schuldig gesprochen
Aus Tagesschau vom 14.11.2024.
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Asylgesuch in der Schweiz Algerischer IS-Anhänger wegen Terrorhilfe schuldig gesprochen

Ein Algerier tarnte sich als Flüchtling und sprach von Anschlägen. Recherchen zeigen, welche Lücken im Asylwesen bestehen.

Mit Sprengsätzen müsse man die Haut der Ungläubigen «rösten und verbrennen»: Schiiten, Juden, Christen. Diese Nachricht schreibt der Algerier Ende Januar 2022 einem Gleichgesinnten. Damals befindet er sich bereits in der Schweiz. In einer Asylunterkunft.

Das Bundesstrafgericht hat den heute 52-jährigen Algerier am Mittwoch in mehreren Punkten schuldig gesprochen, unter anderem wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation. Er sei seit 2016 ein glühender Anhänger des IS. Konkrete Vorbereitungshandlungen für einen Terroranschlag in Europa sah das Gericht nicht bewiesen, auch vom Vorwurf der Beteiligung an einer Terrororganisation sprach es ihn frei.

Person in Handschellen von Polizist festgehalten.
Legende: Das Bundesstrafgericht hat den Algerier zu 36 Monaten Gefängnis und einem 10-jährigen Landesverweis verurteilt. (Symbolbild) Keystone/ Christoph Reichwein

Aber es bestehe kein Zweifel, dass der Angeklagte die Ziele des IS aktiv unterstützt habe, durch die Verbreitung von Propaganda, Indoktrinierung anderer und er habe sich europaweit vernetzt mit der – zwar nicht konkretisierten, aber doch erklärten – Absicht einer Gewalttat, namentlich in Frankreich. Der Mann zeige keine Reue, so das Gericht in der mündlichen Urteilseröffnung.

Das Strafmass: 36 Monate Gefängnis unbedingt und ein 10-jähriger Landesverweis. Das Urteil kann noch weitergezogen werden.

Sein Ziel war Frankreich

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1972 in Alger geboren fühlt sich der Beschuldigte 2017, damals Mitte 40, auserlesen, sich dem selbsternannten «Islamischen Staat» in Syrien und Irak anzuschliessen. Er sei dem Ruf des damaligen IS-Anführers Abu Bakr al-Baghdadi gefolgt, schreibt die Bundesanwaltschaft in der Anklageschrift.

Dieses Ziel erreicht er aber nicht. Von Schleppern getäuscht, misslingt der Grenzübertritt von der Türkei nach Syrien, worauf er in der Türkei bleibt. Dort wird er mehrfach wegen Hehlerei mit gestohlenen Mobiltelefonen verurteilt. 2020 oder 2021 dann die Weiterreise nach Westeuropa: Via Griechenland, den Balkan, Ungarn und Österreich erreicht er im Dezember 2021 die Schweiz, stellt ein Asylgesuch. Das wird abgelehnt, der Mann zur Ausreise aufgefordert – was er missachtete.

Sein Ziel war gemäss der Anklageschrift: Frankreich. Dort habe er sich für die Beteiligung Frankreich an der Militärkampagne gegen den IS rächen wollen, so die Anklage. Mit «Allahs Willen» würde es Frankeich «doppelt heimgezahlt bekommen». Auf der Reise hält er Kontakt zu IS-Anhängern, erhält Geld, Reisetipps und Kontakte, so die Anklage.

Dann werden die Behörden auf ihn aufmerksam – die Schweizer Polizei nimmt ihn im März 2022 fest. Seither befand er sich in Untersuchungshaft und vorzeitigen Strafvollzug.

Terrorismus und Asyl: In der Schweiz wurde das Risiko erkannt. Im Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Radikalisierungs-Prävention wurde 2017 das Ziel formuliert, Mitarbeitende in Asylunterkünften zu sensibilisieren. Damit sie Warnzeichen erkennen. Eine Evaluation attestierte 2021 Fortschritte. Etwa in der Zusammenarbeit zwischen dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) und dem Staatssekretariat für Migration (SEM).

Mängel in den Kantonen

Die Evaluation stellte aber Mängel fest: in den Kantonen. Eine Ausweitung der Schulungen auf das Personal kantonaler Asylzentren erscheine sinnvoll. Obwohl im NAP vorgesehen, sei das nicht umgesetzt worden. Wo die Kantone heute stehen, lässt sich nicht pauschal sagen. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) schreibt, man habe keine Übersicht, die einzelnen Kantone seien zuständig.

So überprüfen Behörden die Asylgesuche

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Jede Person, die in der Schweiz einen Asylantrag stellt, werde in einem Bundesasylzentrum einer standardisierten Sicherheitsprüfung unterzogen, erklärt das Staatssekretariat für Migration (SEM). Ein Teil der Gesuche wird dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) für eine Prüfung übermittelt. Dieser kann Empfehlungen abgeben. 2023 hat der NDB 610 Asyldossiers überprüft, ob Hinweise auf eine Gefährdung der Sicherheit vorliegen. Empfehlung auf Ablehnung: keine. Zudem wurden Schutzstatus-Gesuche durchleuchtet. Von 81 überprüften S-Dossiers ergab sich eine Ablehnung und ein Entzug.

Der NDB schreibt im aktuellen Lagebericht, Migration beeinflusse die Bedrohungslage in zweifacher Hinsicht: «Zum einen können dschihadistische Akteure Migrationsbewegungen missbrauchen, um nach Europa zu gelangen.» Zum anderen könnten sich Flüchtlinge nach der Einreise nach Europa radikalisieren und zur Tat schreiten.

Das grösste Risiko bestehe derzeit im Bereich des salafistisch-dschihadistisch motivierten Terrorismus, zu dieser Einschätzung kommen mehrere europäische Sicherheitsbehörden.

Auf Bundesebene erklärt das SEM, alle Mitarbeitenden würden ein E-Learning absolvieren. Externe Leistungserbringer, also Private, sensibilisiere man «on the job». Aber: Eine standardisierte Ausbildung der Mitarbeitenden der Privatfirmen – wie ORS und AOZ bei der Betreuung sowie Protectas und Securitas bei der Sicherheit – sei in Planung. Start: zweite Hälfte 2025.

Hinschauen und wissen was zu tun ist

Der neue, derzeit laufende NAP gegen Radikalisierung fordert erneut, Betreuungspersonal von Asylsuchenden weiterzubilden.  Das Ziel: «Erkennung und Umgang mit radikalisierten Personen sowie die damit verbundenen Handlungsmöglichkeiten». Sprich: Hinschauen und wissen, was tun.

Der verurteilte Algerier war drei Monate nach seiner Einreise festgenommen worden. Allerdings nicht dank eines Hinweises aus dem Asylbereich, sondern, wie Recherchen von SRF ergaben, einer ausländischen Behörde, wahrscheinlich aus Spanien. Dort waren zuvor Chat-Partner des Algeriers verhaftet worden.

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Archiv: Jérôme Endrass, wie gross ist Terrorgefahr in der Schweiz?
aus Tagesgespräch vom 27.08.2024. Bild: ZVG
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Tagessschau, 14.11.2024, 19:30

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