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Atomabkommen mit Iran Hält die EU dem Druck der USA stand?

Europas Strategie müsse nun sein, zusammenzuhalten, sagt Nahost-Experte Tobias Schumacher. Doch das allein reicht nicht.

Die Europäer möchten das Abkommen mit Iran unbedingt retten. Das haben verschiedene Spitzenpolitiker betont. Um dies zu erreichen, müssten sich die Europäer zunächst eine Frage stellen, sagt Tobias Schumacher, Professor für Europäische Nachbarschaftspolitik und Spezialist für den Nahen Osten: «Wird es den Europäern gelingen, die USA davon zu überzeugen, die neu erlassenen Sanktionen nicht auf Firmen in Europa, China und Russland auszuweiten?»

Schumacher selbst glaubt nicht, dass das gelingt. Denn US-Präsident Donald Trump habe das mehr oder weniger deutlich ausgeschlossen. Zudem habe sich Trump inzwischen ausschliesslich mit Hardlinern umgeben. Er scheine nur noch auf deren Rat zu hören, maximalen Druck auf Teheran auszuüben.

Ist Europa zu einer Konfrontation bereit?

Sollten die US-Sanktionen definitiv auch für europäische, chinesische und russische Firmen gelten, könnten diese zwar trotzdem versuchen, mit Iran zu geschäften. Dafür bräuchten sie aber vor allem die Unterstützung und den Schutz ihrer jeweiligen Regierungen, so Schumacher. «Das würde in der Konsequenz bedeuten, dass der Bruch zwischen den Europäern und den Amerikanern derart tief sein wird, dass er auch mittelfristig nicht mehr zu kitten ist. Und vor allem, dass es dann zu einer Konfrontation kommen wird.»

Es würde bedeuten, dass der Bruch zwischen den Europäern und den Amerikanern derart tief sein wird, dass er auch mittelfristig nicht mehr zu kitten ist.
Autor: Tobias Schumacher Nahost-Spezialist

Die Amerikaner würden dies im Sinne des Schwarz-Weiss-Denkens ganz klar so interpretieren, dass die Europäer zu Iran hielten und sich gegen die USA stellten, so Schumacher. Mit anderen Worten: «Ihr seid gegen oder mit uns.»

Der Experte geht deshalb davon aus, dass sich europäische Firmen aus Iran zurückziehen werden. Das habe sich schon länger abgezeichnet: «Wir haben im Prinzip bereits seit drei Jahren – und insbesondere seit Trump Präsident ist – eine ähnliche Situation.» Aus Unsicherheit darüber, ob die USA aus dem Abkommen aussteigen oder nicht, und aus Angst vor neuen Sanktionen, seien zahlreiche Firmen nicht bereit gewesen, Aufträge von Iranern anzunehmen.

Rückzug spielt Hardlinern in die Hände

Ein Rückzug der europäischen Firmen würde den Druck auf Iran massiv erhöhen. Und er würde den dortigen Hardlinern in die Hände spielen. Das würde es für die Europäer nochmals schwieriger machen, das Regime in Teheran weiterhin von der Einhaltung des Abkommens zu überzeugen.

Um so mehr stellt sich die Frage: Was sollen die Europäer tun? Schumacher ist deshalb wenig optimistisch. «Ich habe keine vernünftige Antwort darauf, so leid es mit tut.» Ausser dass die Europäer alles daran setzen müssten, geschlossen zu bleiben, und dass Russland und China ebenfalls am Abkommen festhalten. Nur dürfte das wohl nicht den Ausschlag geben. Denn die beiden wichtigsten Partner des Abkommens sind die USA und Iran.

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