Nach den beiden Massenmorden in den USA vom Wochenende steht das Land unter Schock. Für den seit 23 Jahren in den USA lebenden Journalisten Arndt Peltner ist klar: Die Radikalisierung, die in den USA im Gang ist, hat auch mit US-Präsident Donald Trump und seinen Twitter-Tiraden zu tun.
SRF News: Welche gesicherten Fakten gibt es im Fall von El Paso, dass der Täter aus rassistischen Motiven gehandelt haben soll?
Arndt Peltner: Der 21-jährige Täter stammt aus Dallas und hat kurz vor der Tat ein Manifest im Internet veröffentlicht. Darin beschreibt er seine Tat – und versucht, sie in eindeutig fremdenfeindlicher Tonalität zu erklären. Der Täter sieht sich als Kämpfer für die USA und gegen den kulturellen und ethnischen Austausch. Der Mann wurde von der Polizei gefasst und gab bereitwillig Auskunft über seine Motive. Die Ermittler untersuchen nun, wie er radikalisiert wurde, wie er die Tat geplant hat und ob es Hintermänner gibt. Der Massenmord wird von Behörden als terroristische Tat eingestuft, dem Täter droht die Todesstrafe. Der Schütze scheint damit gerechnet zu haben, denn davon schreibt er bereits in seinem Manifest.
Gibt es Hinweise darauf, wie sich der Mann derart radikalisiert haben könnte?
Vieles in dem Manifest erinnert stark an die wiederkehrenden Twitter-Angriffe von US-Präsident Donald Trump auf illegale Einwanderer. Es geht um offene Grenzen, erschlichene Staatsbürgerschaften, eine Krankenversicherung für illegale Einwanderer – all das, was Trump immer wieder tweetet und an Massenveranstaltungen von sich gibt.
Aus dem Weissen Haus kommen rassistische und fremdenfeindliche Töne – und einige Wirrköpfe sehen sich dadurch zum Handeln aufgefordert.
Zwar wurde der Täter nicht direkt von Trump radikalisiert – aber der Präsident hat den Ton in den USA verändert. Fakt ist: Derzeit kommen rassistische und fremdenfeindliche Töne aus dem Weissen Haus und einige Wirrköpfe in den USA sehen sich dadurch zum Handeln aufgefordert. Verbunden mit den laxen Waffengesetzen in den USA ist das eine tödliche Mischung.
Trump twitterte, es gebe keinerlei Rechtfertigung, Unschuldige zu töten. Er wurde dafür kritisiert – wieso?
Der US-Präsident sieht keinen Anlass, darüber nachzudenken, dass es vielleicht auch an seiner Wortwahl, seiner Art, wie er Andersdenkende angreift, liegen könnte. Vor kurzem forderte er bekanntlich vier farbige Kongressabgeordnete dazu auf, das Land zu verlassen, um kurz danach zu erklären, er sei der am wenigsten rassistische Mensch in den USA – was nachweislich nicht stimmt. Fakt ist: Rassistische, extremistische und rechtsradikale Gruppen in den USA haben Aufwind. Von Militia- bis zu Neonazi-Gruppen fühlen sich alle durch Trump in ihrem Tun bestärkt. Dieser distanziert sich nicht von den Gruppen und spricht manchmal sogar ihre Sprache.
Die USA erleben eine nationale Krise und der Präsident macht damit Wahlkampf.
Frühere Präsidenten – von Ronald Reagan bis Barack Obama – traten nach solchen Bluttaten vor die Kamera und versuchten, Trost zu spenden und vereinende Worte zu finden, um die Nation zu einen. Trump schickt einen Tweet raus, man solle für die Opfer beten – und zwei Stunden später kommt ein weiterer Tweet von ihm, in dem er einen republikanischen Kandidaten unterstützt, der sich offen für den freien Waffenbesitz einsetzt.
Die Nation ist geschockt und Trump lässt sich auf seinem Golfresort in New Jersey mit einer Braut fotografieren, die dort ihre Hochzeit feierte. Die USA erleben eine nationale Krise und der Präsident macht damit Wahlkampf.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.