Mleeta ist das Herz der Hisbollah. Hier, etwa zwei Stunden Autofahrt südlich von Beirut, wird die Doktrin der Miliz erklärt, in einem Freilichtmuseum. Es ist Geschichtsschreibung radikal-islamischer Art. In einem fünfzehn Minuten dauernden Film meldet sich Milizenführer Hassan Nasrallah persönlich mit Hasstiraden und Kampfansagen zu Wort: Die beste Verteidigung sei der Angriff, schreit Nasrallah.
Makram Rabah ist Historiker und Hisbollah-Kritiker. Er weist auf die engen Verbindungen der schiitischen Miliz mit Iran hin, die in die Vergangenheit zurückreichen, bis ins 17. Jahrhundert. In den 1970er Jahren nutzten iranische Milizen, die gegen die Herrschaft des Schahs kämpften, den Süden Libanons dann als Rückzugsgebiet. In Libanon tobte der Bürgerkrieg. Das war die Geburtsstunde der Hisbollah im Jahr 1985.
Ihr Gründungsmanifest sei eine Kopie der iranischen Revolution, sagt Historiker Rabah: «Die gelben Fahnen der Partei trugen zuerst den Slogan ‹islamische Revolution in Libanon› später wurde das Motto umbenannt in ‹islamischen Widerstand›».
Die Hisbollah hat diversifiziert
Auf dem Rundgang im Freilichtmuseum sieht man zerstörte israelische Panzer und Helikopter einbetoniert. Darum herum Helme israelischer Soldaten und der hebräische Schriftzug: Das Grab der Invasoren. «Das ist eine klare Botschaft an Israel», erklärt der Museumsführer: «Wenn ihr Libanon jemals wieder besetzen wollt, wartet nur der Tod auf euch.»
Es ist eine Anspielung auf die Besetzung Südlibanons durch israelische Truppen in den Jahren 1985 bis 2000. Doch auch wenn Israel immer noch der Hauptfeind der Hisbollah sei, operiere die Miliz mittlerweile weit über den Nahost-Konflikt hinaus, sagt Rabah. Sie sei quasi zu einer strategischen Beratungsfirma für Terrornetzwerke herangewachsen und berate die palästinensische Hamas, aber auch die Huthi im Jemen und weitere Milizen in Syrien und Irak. Ihre Arme reichten bis nach Lateinamerika.
Das letzte Mal gegen Israel im Krieg war Libanon 2006. Es gebe aber einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Krieg 2006 und der jetzigen Situation, sagt Rabah: «Damals gab es noch einen mehr oder weniger funktionierenden Staat in Libanon, welcher der Hisbollah zumindest etwas entgegenwirken konnte.» Das sei heute nicht mehr so. Die Hisbollah sei nun die einzige tonangebende Kraft im Land und diese vertrete nicht libanesische Interessen, sondern iranische.
Kriegsbereitschaft ist da
Letztlich entscheidet Iran, ob Libanon in den Krieg hineingezogen wird. Doch: «Die Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen, ist da», sagt Lina Massri, eine Hisbollah-Funktionärin an einer Gedenkfeier gefallener Hisbollah-Kämpfer in Nabatieh, in Südlibanon. Nach dem Angriff auf ein Spital in Gaza diese Woche warteten sie nur noch auf ein Zeichen, um angreifen zu können, sagt die Frau.
In Nabatieh wird nicht lange gemutmasst, wer hinter dem Beschuss stecken könnte. Die Meinungen sind gemacht. Ihre Kollegin fügt an, dass Israel den Libanon ohnehin angreifen werde, wenn es mit Gaza fertig sei. Es sei also besser, zuerst anzugreifen.
Die militante Gruppe hat den Süden Libanons fest im Griff, militärisch und ideologisch. Auch wenn viele Libanesen nicht hinter der Hisbollah stehen und pro-westlich, liberal eingestellt sind, sind es nicht sie, die über das Schicksal des Landes entscheiden, sondern die Hardliner der Hisbollah.