Nach Parkland gingen hunderttausende junge Menschen auf die Strasse und forderten strengere Waffengesetze. Letzte Woche wiederholte sich das Grauen: An der High School von Santa Fe in Texas tötete ein 17-jähriger zehn Menschen und verletzte ebenso viele.
Eine ähnlich eindrückliche Reaktion wie nach Parkland zeichnet sich bis jetzt nicht ab. Doch die Bewegung lebt. Viele tausend Schüler sind aktiv in der anti-Schusswaffen-Bewegung und sie geben nicht auf.
Wenn eine bewaffnete Polizistin vor dem Schuleingang steht
Vor der Winston Churchill High School – im wohlhabenden Montgomery County von Maryland – geniessen Schülerinnen und Schüler die Pause. Mädchen und Jungen schäkern, einige lösen Schulaufgaben, andere machen sich auf zum Sport – wie an irgendeiner Schule, irgendwo auf der Welt. Wäre da nicht die Polizistin, die mit einer Maschinenpistole bewaffnet den Schuleingang bewacht. Hinter der Türe stehen zwei weitere Sicherheitsleute, die jeden Fremden gleich ins Empfangsbüro lotsen.
Dort lautet die Auskunft freundlich und knapp: Nein Interviews gebe es keine, weder zu den Sicherheitsmassnahmen noch zu den Schülerprotesten gegen Waffengewalt.
Draussen auf dem Vorplatz der Schule unterschreibt Dani Miller gerade ein grosses Solidaritätsbanner, das dann mit möglichst vielen Unterschriften nach Texas an die Santa Fe High School geschickt werden soll. Dort hat ein Jugendlicher letzte Woche neun Mitschüler und eine Lehrerin erschossen. Fast alle unterschreiben, freut sich Danis Freundin Karenna Nambiar.
Eine Demonstration alleine verändert noch nicht sofort alles. Wir wissen, das wird ein Marathon, nicht ein Sprint.
Karenna und Dani sind beide 17. Die quirrlige Dani trägt verlöcherte Jeans und ein altes Militärhemd. Karenna mag es eleganter, sie wirkt ernst und zurückhaltend. Unterschiedliche Persönlichkeiten, aber ein gemeinsamer Kampf gegen Waffengewalt an Schulen.
In den letzten zehn Jahren kam es zu 288 schweren Zwischenfällen. Es ist wie eine Seuche, klagt Karenna und es muss jetzt aufhören: Vernünftige Waffengesetze und eine sorgfältigere Überprüfung von Waffenkäufern forderten Ende März auch weit über eine Million Jugendliche an Demonstrationen im ganzen Land – mehrere hunderttausend alleine in Washington.
Auch der 16-jährige Alexander war dabei am «March for our Lives». Es sei erstaunlich, dass das ganze Land auf uns und unser Anliegen schaute. «Aber klar, eine Demonstration alleine verändert noch nicht sofort alles. Wir wissen, das wird ein Marathon, nicht ein Sprint.»
Schwierigkeiten auf Bundesebene
Tatsächlich haben die jungen anti-Waffen-Aktivisten starke Gegner. Versuche, in den USA schärfere Waffengesetze durchzubringen, scheitern seit Jahren regelmässig.
Die Massenproteste zeigen nun aber doch etwas Wirkung: In Florida muss künftig 21 Jahre alt sein, wer eine Waffe kaufen will und nicht bloss 18. In New Jersey werden Waffenkäufer etwas genauer überprüft und auch in andern Bundesstaaten befassen sich die Parlamente mit Gesetzesverschärfungen.
Auf Bundesebene ist es schwieriger. Präsident Trump schien nach dem Massaker von Parkland zwar offen zu sein für etwas härtere Bestimmungen, inzwischen ist er aber wieder zurückgekrebst. Immerhin: sogenannte Bump Stocks sollen landesweit verboten werden. Das sind Vorrichtungen, die aus halbautomatischen Waffen Seriefeuergewehre machen.
258 weisse T-Shirts
Das sind erst bescheidene Erfolge, aber wir bleiben dran, verspricht Dani trotzig. «Das hier ist der Kampf unserer Generation.» Dani, Alexander, Karenna und tausende weitere junge Leute sind entschlossen, so lange wie nötig für ihre Sache zu kämpfen. Sie sind gut vernetzt und fähig, grosse und laute Demonstrationen zu organisieren, aber auch kleine und stille Aktionen.
An der Winston Churchill High in Potamac flattern derzeit 258 weisse T-Shirts im Wind – jedes mit einem schwarz aufgepinselten Namen.
Dani und Alexander, Karenna und tausende weitere junge Leute sind entschlossen, so lange wie nötig für ihre Sache zu kämpfen. Sie sind gut vernetzt und fähig, grosse und laute Demonstrationen zu organisieren, aber auch kleine und stille Aktionen.
An der Winston Churchill High in Potamac flattern derzeit 258 weisse T-Shirts im Wind - jedes mit einem schwarz aufgepinselten Namen. Jedes Shirt ehrt einen seit Januar in den USA erschossenen jungen Menschen. 258 tote Teenager alleine in diesem Jahr.