Eigentlich ist Milorad Dodik zunehmend isoliert, seit das höchste Gericht von Bosnien-Herzegowina ihn im Februar erstinstanzlich verurteilt hat.
Die USA, die Nato wie auch viele europäische Staaten stellten sich demonstrativ hinter die gesamtstaatlichen Institutionen Bosniens. Auch die meisten Parteien in der Republika Srpska, dem von Dodik regierten Landesteil, haben sich von ihm abgewandt.
Umso wichtiger sind daher nun die noch verbliebenen Freunde. Neben Serbien und Russland ist dies vor allem Ungarn, das dem verurteilten Politiker demonstrativ den Rücken stärkt.
Ungarn sieht sich als Gegengewicht
«In dem wir Dodik unterstützen, übernehmen wir ein Gegengewicht zum Westen, der Druck auf ihn ausübt», erklärt Vize-Aussenminister Levente Magyar Ungarns Haltung gegenüber SRF. Die andauernden Sezessionsdrohungen Dodiks, die sich destabilisierend auf Bosnien-Herzegowina auswirken, sieht er dabei nicht als Problem. Im Gegenteil: Der Westen treibe mit seiner Politik die bosnischen Serben geradezu in die Sezession.
Der ungarische Vize-Aussenminister ignoriert dabei vollends, dass weder der Westen noch das oberste Gericht in Sarajevo die weitgehenden Autonomierechte der Republika Srpska infrage stellt. Vielmehr ist es Dodik, der durch seine Handlungen gegen die Verfassung Bosnien-Herzegowinas verstösst und deshalb auch verurteilt wurde.
Ungarische Polizisten in Bosnien
Am Tag der Urteilsverkündung im Februar befanden sich etwa 70 ungarische Polizisten in Bosnien. Offiziell sollten sie eine gemeinsame Übung mit der Polizei der Republika Srpska abhalten. Doch gemäss Recherchen einer Investigativplattform hatten diese Polizisten eine andere Mission: Dodik zur Flucht zu verhelfen, sollte das Gericht seine Verhaftung anordnen.
Levente Magyar bestätigt gegenüber SRF die Präsenz der Polizisten. Doch er dementiert die Vorwürfe. Diese seien ein Witz. Die Behörden Bosnien-Herzegowinas betrachten die Anschuldigungen allerdings nicht als Witz und verlangten eine Erklärung des Botschafters. Der bosnische Verteidigungsminister sagte zudem, er habe glaubwürdige Informationen, dass Dodik sich einer Verhaftung durch eine Flucht nach Ungarn entziehen will.
Der Machtkampf geht weiter
Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss sich zeigen. Denn als bei der Urteilsverkündung die ungarischen Polizisten im Land waren, wurde noch kein Haftbefehl ausgestellt. Eine mögliche Flucht war also nicht nötig.
Dies hat sich mittlerweile geändert. Dodik reagierte auf das damalige Urteil mit einer Serie mutmasslich verfassungsfeindlicher Dekrete. Als ihn die Behörden dazu einvernehmen wollten, weigerte er sich. Daher der Haftbefehl.
Vollzogen wurde dieser bislang aber noch nicht. Zu gross ist die Sorge, bei der Verhaftung könnte es zu Gewalt zwischen den gesamtstaatlichen Sicherheitskräften und der Polizei der Republika Srpska kommen. Der Machtkampf zwischen den Institutionen des Zentralstaates und dem Präsidenten der serbisch geprägten Entität geht daher weiter.