Wie ernst sind die Androhungen von Milorad Dodik? Der führende Politiker der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, droht immer wieder, dass sich der serbisch-kontrollierte Landesteil vom Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina abspalten werde. In den letzten Wochen sei er aber so weit gegangen wie noch nie, sagt Adelheid Wölfl. Sie ist Südosteuropa-Korrespondentin der österreichischen Tageszeitung «Standard». Er drohe seit 15 Jahren, aber diesmal habe er konkrete Schritte im Parlament gesetzt. «Es geht um die Auflösung der gemeinsamen staatlichen Institutionen, etwa der Armee oder der Justiz. Dabei handelt es sich um das alte Kriegsziel.»
Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung? «Die Stimmung ist voller Angst und voller Sorge», sagt die Südosteuropa-Korrespondentin. Sehr viele Menschen würden sich fragen, ob der Krieg wieder komme. Die Menschen seien hoch traumatisiert. Beispielsweise in Sarajevo, denn die Stadt wurde dreieinhalb Jahre lang beschossen. «Allein, dass er davon redet, holt diese alten Ängste hervor.»
Welche Rolle spielt Russland? Russland unterstützt Dodik seit vielen Jahren. Aussenminister Lawrow kommt nach Bosnien-Herzegowina und trifft und unterstützt Dodik öffentlich. So auch der Botschafter aus Russland. Russland verfolge geopolitische Ziele, sagt Wölfl. «Russland will zeigen, dass es hier Einfluss und Macht ausübt.» In Bosnien-Herzegowina ist immer noch die EUFOR – europäische Soldaten – stationiert. In den vergangenen Wochen gab es eine UNO-Resolution zur Verlängerung der Militärmission in Bosnien-Herzegowina. Diese sei nach russischen Wünschen umgeändert worden, sagt Wölfl.
Welchen Einfluss haben Sanktionsdrohungen auf Dodik? Adelheid Wölfl glaubt, dass reine Drohungen überhaupt keinen Einfluss hätten. «Wenn man nicht gern Kante zeigt, legen Politiker wie Dodik das als Zeichen der Schwäche aus.»
Wie steht die EU zu den Sanktionen? Die Amerikaner haben schon 2017 klarere Sanktionen gegen Dodik erlassen. Diese Sanktionen werden immer wieder erneuert. Die EU war nicht bereit sich anzuschliessen und ist es auch heute nicht. Die EU ist gespalten. «Es gibt nicht nur keinen Konsens, es gibt diametral entgegengesetzte Meinungen dazu», erklärt Adelheid Wölfl. Dodik erhalte offen Unterstützung vom ungarischen Premier Viktor Orban, aber auch vom slowenischen Premier Janez Jansa und von Polen. «Diese selbst extrem nationalistisch-rechtspopulistischen Regierungen unterstützen das Projekt von Dodik, weil sie die Ideologie teilen.
Welche europäischen Länder handeln? Der deutsche Aussenminister Heiko Maas erwägt Sanktionen gegen Dodik. Deutschland spiele nun eine wichtige Rolle, sagt die Südosteuropa-Korrespondentin. «Es wäre auch möglich, bilaterale Sanktionen einzuführen. Man muss das nicht unbedingt auf EU-Ebene machen.» Grossbritannien hat sich bereits für Sanktionen entschlossen. «Nur wenn es solche klaren Zeichen und nicht nur Androhungen gibt, kann das den entsprechenden Druck erzeugen, dass Dodik seine Entscheidungen zurücknimmt.»