Die USA wollen Radio Free Asia und Radio Liberty das Geld entziehen. Die Sender sind von Moskau bis Hanoi eine wichtige Infoquelle, wie die Korrespondenten Calum MacKenzie und Martin Aldrovandi erklären.
Worum geht es?
Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) sowie Radio Free Asia stehen vor dem Aus. Die Regierung von Donald Trump will den US-Auslandsendern die Finanzierung streichen. Die beiden Sender erreichen wöchentlich über 100 Millionen Menschen und bieten eine Alternative zu Zensur und Propaganda in den staatlichen Medien in autoritär regierten Ländern.
Wer hört diese Sender?
Die Sender berichten in mehr als 30 Sprachen. Radio Free Asia ist der einzige internationale Sender, der eine eigene uigurische Redaktion hat. Zum Zielpublikum gehören die Menschen, die im Berichtsgebiet leben, sowie die Diaspora, die im Ausland lebt und sich über die Lage in ihren Heimatländern informieren will. In den zentralasiatischen Staaten bietet Radio Free Europe/Radio Liberty teilweise das einzige Angebot in den lokalen Sprachen, das nicht vom Staat kontrolliert ist. In Ländern wie Kasachstan oder Kirgistan bildet der Sender einen Gegenpol zu den russischen staatlichen Medien.
Worüber berichten sie?
In Vietnam berichtet Radio Free Asia über Menschenrechtsverletzungen und Korruption – Meldungen, die in den Staatsmedien keinen Platz haben. Der uigurische Dienst des Senders hat als erster über die Masseninhaftierungen und Gefängnislager in Xinjiang berichtet. In Myanmar berichtet er kritisch über die Militär-Junta, aber auch über Rebellengruppen. In Russland zeichnet sich RFE/RL durch seine Redaktionen für Sibirien, den hohen Norden oder den Kaukasus aus. Russische Medien – auch unabhängige – konzentrieren sich meist auf die grossen Städte. In abgehängten Regionen berichtet also nur der US-Auslandssender ausgewogen und regelmässig über Themen, die die lokale Bevölkerung beschäftigen.
Wie berichten sie aus unfreien Ländern?
Die Redaktionen der Sender arbeiten mit Journalisten, die aus den Berichtsländern stammen, die Sprache beherrschen und bestens vernetzt sind, sowie mit Informanten. Auch die Redaktionsmitglieder der Sprachredaktionen stammen aus den Berichtsländern. In Vietnam und in Russland sitzen deshalb Journalistinnen der Sender im Gefängnis und in China wurden gezielt Angehörige von Mitgliedern der uigurischen Redaktion festgenommen. In Russland gilt RFE/RL als «unerwünschte Organisation» und ist faktisch verboten, trotzdem berichten Medienleute aus dem Land verdeckt weiter.
Sind diese Sender nur für Autokratien?
Nein, auch in Demokratien spielen sie eine wichtige Rolle. In Armenien herrscht Medienfreiheit, die Medienlandschaft ist aber stark polarisiert – die örtlichen Medien berichten entweder aus Sicht der Regierung oder der Opposition. Daher wenden sich viele Armenierinnen und Armenier für objektive Berichterstattung an RFE/RL – er gilt für einige als «inoffizieller öffentlicher Rundfunk» und gehört zu den beliebtesten Sendern des Landes.
Wie geht es weiter?
Noch arbeiten die Sender. Sie fechten den Entscheid der Trump-Regierung an, die Gelder zu streichen. Jüngst wurde von EU-Aussenministerien diskutiert, ob die Redaktionen teilweise durch europäisches Geld gestützt werden könnten. Eine russische RFE/RL-Journalistin spricht gegenüber SRF von emotionaler Erschöpfung – sagt aber auch, dass ihre Kolleginnen und Kollegen sich konstant Gedanken dazu machten, wie sie ihre Arbeit aufrechterhalten könnten.