- Dreieinhalb Millionen Menschen haben am Donnerstag laut den Gewerkschaften in Frankreich gegen die umstrittene Rentenreform demonstriert.
- Der erste landesweite Streiktag erfasste über 300 Städte. Gemäss Polizei ging rund eine Million Menschen im ganzen Land auf die Strasse.
Die Wut entlud sich in einigen Städten auch gewaltsam, nachdem die Regierung Macron vor wenigen Tagen die Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre ohne Zustimmung des Parlaments durchgedrückt hatte. Innenminister Gérald Darmanin sprach am Freitag im Sender CNews von 457 Festnahmen. Etwa 440 Polizisten und Gendarmen seien bei Ausschreitungen verletzt worden. Allein in Paris habe es etwa 900 Feuer am Rande der Proteste gegeben.
Das Gewaltpotenzial bei den Protesten nimmt offenbar zu. Seit einer Woche kommt es in Paris und anderen Städten praktisch jeden Abend zu Protesten. Aufgerufen dazu wird vor allem über soziale Netzwerke, und meistens folgen dann Zusammenstösse mit der Polizei, wie SRF-Frankreich-Korrespondent Daniel Voll berichtet.
Anzeichen für zunehmende Gewalt
Gestern gab es solche Auseinandersetzungen erstmals auch an einem nationalen Mobilisierungstag am Rande der von den Gewerkschaften organisierten Demonstrationen. Berichte über Strassenkämpfe mit Verletzten auf beiden Seiten kommen aus verschiedenen Städten. Insgesamt sei es aber offenbar trotzdem weitgehend friedlich geblieben, so Voll.
Die teils zunehmende Gewalt passt den Gewerkschaften nicht ins Konzept. Sie wollen eine Eskalation nach dem Muster der «Gilet Jaunes» vor einigen Jahren von Beginn an vermeiden. Denn es geht auch um die öffentliche Meinung, die im Moment eindeutig auf der Seite der Gewerkschaften ist und die sie nicht verlieren wollen, wie Voll sagt. Eine solche Eskalation fürchteten aber nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Regierung.
Macron bleibt hart
Präsident Emmanuel Macron zeigt sich trotz der angespannten Lage unnachgiebig. Er will die Rentenreform durchziehen, wie er sie letzte Woche im Parlament per Verordnung durchgesetzt hat. Dass darauf die Proteste nicht abflauen, sondern zunehmen würden, hatte sich abgezeichnet. Macron hat vor einer Woche hoch gepokert. Jetzt nachzugeben, wäre für ihn eine schwere politische Niederlage. «Er hofft wohl immer noch, dass der Widerstand nachlässt und er das Problem eher aussitzen kann», schätzt Voll.