Die E-Sports-Welt bekommt bald ihre eigenen olympischen Spiele. Sie sollen 2027 in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad stattfinden, wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) bekannt gab. Digital-Redaktor Guido Berger ordnet ein.
Wo steht der E-Sport derzeit?
Vor der Pandemie erlebte E-Sport einen Boom, da erstmals Sponsoren von ausserhalb der Branche einstiegen. Die Sponsoren wollten damit junge Menschen erreichen. Während der Pandemie kam es jedoch zu einem Einbruch, da Events ausfielen und physische Präsenz auch im E-Sport wichtig ist. Das Geld sitzt nicht mehr so locker, wie das vor fünf Jahren der Fall war und dementsprechend ist es auch schwieriger geworden, sich zu professionalisieren. In der Schweiz ist es fast unmöglich, Profi zu werden, weil es wenig Preisgelder und Sponsoring gibt und die Lebenshaltungskosten sehr hoch sind. Die meisten aus der Schweiz, die es geschafft haben, sind in andere Länder ausgewandert.
Inwiefern unterschieden sich die Interessen des Olympischen Komitees und der E-Sports-Szene?
Die Interessen sind definitiv unterschiedlich und ich bin mir nicht sicher, inwiefern sie sich vereinen lassen. Das Hauptinteresse von E-Sportlerinnen und E-Sportler ist der Wunsch nach mehr Anerkennung. Das Vorurteil, dass das kein Sport sei, ist immer noch sehr weit verbreitet. Ausserdem sind im E-Sport die wichtigsten Disziplinen sehr stark durch den Hersteller der Games kontrolliert. In klassischen Sportarten, die an den Olympischen Spiele vertreten sind, ist hingegen das IOC sehr mächtig. Die Hersteller von Games im E-Sports wollen diese Macht jedoch nicht an Saudi-Arabien oder das Komitee abgeben.
Welche Herausforderung besteht beim Zusammenführen von klassischen Sportarten und E-Sports?
E-Sport wird von Leuten ausserhalb der Szene häufig als eine einzige Sportart wahrgenommen. Dabei gibt es über 100 Games, die alle ganz andres funktionieren und eigentlich verschiedene Sportarten sind. Die Games werden unterschiedlich gespielt, haben unterschiedliche Hersteller und andere Fangruppen. Zum Teil sind es halt auch sehr nischige Sportarten, die einfach nur diese eine Szene interessieren und niemanden sonst. Ein grosser Unterschied zu klassischen Sportarten ist auch, dass die Vermarktungsmaschinerie sonst im Sport eigentlich gut läuft und von den Herstellern dieses Games kontrolliert wird. Beispielsweise ist League of Legends nicht darauf angewiesen, ein weiteres Publikum dazuzugewinnen, das dann diese Sportart nicht versteht und deshalb wahrscheinlich auch gar nicht gut findet.
Was ist das Interesse von Saudi-Arabien als Austragungsort der ersten Olympischen Spiele für E-Sports?
Saudi-Arabien sieht die Olympischen Spiele als ein Vehikel, um generell eine Gameindustrie in Saudi-Arabien aufzubauen. Das Land will damit eine Diversifizierungsstrategie fahren, damit Saudi-Arabien irgendwann mal noch andere Industrien als nur die Energie hat. Es ist jedoch durchaus möglich, dass Saudi-Arabien schlussendlich eine Veranstaltung macht, die mit dem richtigen Sport sehr wenig zu tun hat. Es kann dazu kommen, dass die wichtigsten Sportdisziplinen gar nicht vertreten sein werden, weil sich die Hersteller der Games nicht mit Saudi-Arabien und dem IOC einigen können.