Die Herbstsession des UNO-Menschenrechtsrats begann mit einer heftigen Auseinandersetzung. Angeführt von Deutschland verlangten die EU-Länder eine Dringlichkeitsdebatte zur Lage in Belarus. Die Menschenrechtslage dort habe sich gravierend verschlechtert, erklärte der deutsche UNO-Botschafter in Genf, Michael Freiherr von Ungern-Sternberg: «Dazu darf der Menschenrechtsrat nicht schweigen.»
Unterstützung erhielten die EU und weitere westliche Länder von Michelle Bachelet, der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, die von «alarmierenden Berichten aus Belarus» sprach.
Debatte Ende Woche
Der belarussische Botschafter hingegen hält eine solche Debatte für völlig unnötig, für übergriffig, also inakzeptabel. Venezuela, das in solchen Fällen oft von Russland vorgeschickt wird, machte sich zum Sprachrohr jener Länder, die gegen eine Dringlichkeitssitzung waren.
Am Ende obsiegten zwar die Europäer, die Debatte findet nun Ende Woche statt. Doch zwanzig Staaten, darunter die meisten afrikanischen und asiatischen, enthielten sich der Stimme.
Der Menschenrechtsrat ist nicht das Vorbild für die internationale Menschenrechtspolitik, vielmehr deren Spiegel. Das zeigte sich in der Rede zur Lage der Welt von Menschenrechtshochkommissarin Bachelet. Dutzende von Ländern, von Saudi-Arabien bis Syrien, von Mali bis zu den Philippinen wurden von ihr kritisch erwähnt.
Dazu gehörten auch Grossmächte, etwa die USA wegen der Polizeigewalt, hauptsächlich gegen Schwarze. «Es gibt zwar viele Versprechen, die Situation zu verbessern. Doch es braucht Taten und ein anderes politisches Klima.»
Gegenüber China wiederum äusserte Michelle Bachelet ihre Besorgnis über die neuen Sicherheitsgesetze in Hongkong und die Lage der muslimischen Uiguren in Nordostchina. Noch immer gibt ihr Peking kein grünes Licht für einen Besuch in deren Heimatregion.
Geldmangel bei den Menschenrechten
Erschwerend kommt hinzu, dass es der UNO-Menschenrechtspolitik zunehmend an Geld mangelt. Weil nur 3.7 Prozent des UNO-Budgets der Menschenrechtspolitik zugutekommen, sind Kürzungen hier besonders gravierend.
Vakante Stellen können nicht mehr besetzt werden, befristete Anstellungsverträge – und das sind bei der UNO immer mehr – laufen aus. Manche Recherche lasse sich nicht mehr durchführen und vom Menschenrechtsrat bestellte Berichte nicht mehr finanzieren, klagt Bachelet.
Aufsichtsinstanz für die Berichterstatter?
Autoritären Regimes kommt das natürlich gelegen. Sie gehen zudem immer unverblümter in die Offensive gegen die unabhängigen Sonderberichterstatter des UNO-Menschenrechtsrates. Deren Länderberichte sind oft von hoher Qualität und sie sprechen Klartext. Angeführt von Ländern wie Saudi-Arabien, Russland und China erhielt die Präsidentin des Menschenrechtsrates, Elisabeth Tichy-Fisslberger, zwei formelle Schreiben.
In beiden geht es letztlich darum, die Tätigkeit der Sonderberichterstatter infrage zu stellen und einzugrenzen. Ihnen soll eine Aufsichtsinstanz vor die Nase gesetzt werden.