Innerhalb einer Woche haben die USA einen mutmasslichen chinesischen Spionageballon und drei nicht-identifizierte Flugobjekte abgeschossen. Mittlerweile hat das US-Militär die Trümmerteile des chinesischen Ballons geborgen, der am 4. Februar von einem US-Kampfjet vor der Küste South Carolinas abgeschossen worden war. Geheimdienstexperte Christopher Nehring erklärt, weshalb die USA nach dem Abschuss des ersten Ballons bei den übrigen Flugobjekten schneller reagierten.
SRF News: Wie können Sie sich erklären, dass man über den ersten Ballon verhältnismässig viel weiss und über die drei anderen Flugobjekte weniger?
Christopher Nehring: Der erste Ballon wurde relativ lange beobachtet, was wahrscheinlich der Grund für den späten Abschuss war. Es ist mittlerweile bekannt, dass Aufklärungsflugzeuge des US-Militärs den Ballon beobachteten. Das Pentagon hat zudem mitgeteilt, dass dieser angebliche Wetterballon Technik dabei hatte, um Kommunikation zu überwachen und zu stören.
Was macht einen Ballon als Spionage-Hilfsmittel so interessant? Wären Satelliten nicht unbemerkter?
Nicht unbedingt. Es ist nicht so, dass China keine Spionagesatelliten benutzen würde – es benutzt viele Methoden gleichzeitig. Der Ballon kann, bei gutem Wetter und Steuerung, länger über einem Objekt reisen. Der Satellit hingegen muss in seiner Umlaufbahn wieder eine Runde um den kompletten Planeten drehen.
Die Frage nach Ufos, die über den USA als Phänomen beobachtet und von Militär und CIA untersucht werden, geht zurück bis in die 50er-Jahre.
Man kann mit dem Wetterballon je nach Navigation auch näher an ein Objekt herankommen und es aus anderen Winkeln aufnehmen. Man weiss zum Beispiel, dass der Ballon nicht einfach über diese vermeintliche Raketenbasis in Montana geflogen ist, sondern mehrere Routen gedreht hat. Das kann der Satellit so nicht. Dieser Ballon ist also eine Ergänzung zu Aufklärungssatelliten oder -drohnen.
Was sagen Sie zur Theorie, dass es sich bei diesen Objekten um Ufos handelt?
Das ist die spannende Frage. Zunächst einmal handelt es sich um Ufos im wörtlichen Sinne, denn es sind nicht-identifizierte Flugobjekte. Bislang weiss man wenig darüber und man hat sie auch abgeschossen, weil sie nicht identifiziert waren. Die Frage ist, ob es ausserirdische Flugobjekte sind oder sie sogar ausserirdisches Leben an Bord hatten. Das ist bislang reine Spekulation.
Aber die Frage nach Ufos, die über den USA als Phänomen beobachtet und von Militär und CIA untersucht werden, geht zurück bis in die 50er-Jahre. Damals hatte das Militär öfter Ballons präsentiert, die abgeschossen wurden, aber die Theorien kursierten weiter, dass es ausserirdische Flugobjekte gewesen wären. Heute ist es ja fast umgekehrt. Aber es sind eben nur Theorien.
Jedes Jahr beobachten CIA und Pentagon mehrere Hundert solcher Objekte und am Ende blieb immer eine kleine Ziffer, die man nicht zuordnen konnte. Doch sie werden sofort öffentlich gemacht und momentan auch schnell abgeschossen.
Woran liegt das?
Die schnellen Abschüsse haben meiner Meinung nach vor allem innenpolitische Gründe. Präsident Joe Biden wurde als schwach und zögerlich dargestellt, als dieser Ballon tagelang beobachtet und nicht sofort abgeschossen wurde. Das heisst, er wurde innenpolitisch unter Druck gesetzt. Das hat wohl dazu geführt, dass man bei den weiteren Objekten sofort auf Abschuss und nicht auf Beobachtung gesetzt hat.
Ein Ballon ist eigentlich ein Spionagemittel mit relativ geringem Eskalationspotenzial.
Bei dieser Eskalation mit China über den Spionageballon steckt momentan sehr viel innen- und aussenpolitischer Dampf im Kessel. Das hat wenig mit dem Spionageballon zu tun – denn ein Ballon ist eigentlich ein Spionagemittel mit relativ geringem Eskalationspotenzial. Er ist nicht bewaffnet, nicht bemannt und dringt nicht physisch auf dem Boden in Objekte ein. Dass Flugobjekte gesichtet und eventuell auch abgeschossen werden, ist auch kein neues Phänomen. Neu ist, dass es sich in den letzten zehn Tagen sehr gehäuft hat und politisch sehr hitzig behandelt wurde.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.
Die News und was dahinter steckt. Mit News Plus gehst du gut informiert in den Feierabend.
Um diesen Podcast zu abonnieren, benötigen Sie eine Podcast-kompatible Software oder App. Wenn Ihre App in der obigen Liste nicht aufgeführt ist, können Sie einfach die Feed-URL in Ihre Podcast-App oder Software kopieren.