Das hübsche nordungarische Dorf Abasár wäre eine schöne Kulisse für einen Krimi: Am Dorfrand liegt Gift in einer verlassenen Kaserne. Hunderte Fässer mit Batteriemüll, der krank machen kann. Sehen kann man die Fässer nicht, aber Dorfbewohner erzählen, dass vor Wochen in der Nacht Lastwagen kamen, um sie abzuladen. «Samsung» stand auf manchen. Das koreanische Unternehmen hat eine Batteriefabrik in Ungarn.
Ungarn will Nummer eins im Batteriemarkt werden
Batterien – vor allem für Elektroautos – sind für die ungarische Regierung die Zukunft. Sie passen zu den vielen Autobauern, die schon im Land sind. Mindestens fünf grosse Batteriefabriken sollen entstehen, vor allem chinesische. Wenn es klappt, wird Ungarn Nummer eins der Batteriehersteller in Europa. Damit es klappt, hilft die ungarische Regierung mit tiefen Steuern und schnellen Bewilligungen.
Was dabei untergeht: 30 bis 40 Prozent der Batterien müssen vom Fliessband direkt ins Recycling, weil sie nicht so funktionieren, wie sie sollten. Doch stattdessen landet der Müll in Dörfern wie Abasár.
«Wir werden keine Hochburg sein für Batterien, sondern eine Mülltonne», sagt ein Dorfbewohner. Die giftigen Stoffe könnten ins Grundwasser sickern. Und niemand informiere die Dorfbewohner darüber, was los sei mit dem Müll. Viele hätten Angst. «Die Regierung ist fähig, uns zu schaden, nur damit die Batteriefabriken nach Ungarn kommen.»
Sogar die Inspektoren werden krank
Anderthalb Autostunden entfernt von Abasár, in Bátonyterenye, liegt ebenfalls giftiger Batteriemüll, in einer geschlossenen Fabrik. SungEel heisst die koreanische Firma, die hier bis vor kurzem Batterien rezykliert hat.
Doch dann kam Eva Doko. Sie lebt hier und wurde wegen des Batteriemülls Aktivistin. «Was diese Firma hier machte, ist absolut empörend – die haben Unterstützung von ganz oben», sagt sie. Sie und andere hätten vor einiger Zeit gesehen, dass die Luftmessungen im Internet katastrophale Feinstaubwerte anzeigten für ihr Städtchen.
«Der Katastrophenschutz aber sagte uns, das Messgerät sei wohl kaputt.» Bald darauf gab es eine Explosion in der Fabrik, und Eva Doko machte Druck. Staatliche Inspektoren kamen nach Bátonyterenye – und bekamen Hautausschlag und Husten. Daraufhin schlossen die Behörden die Fabrik, büssten die Eigentümer.
Das Recycling-Problem bleibt ungelöst
Dabei hat Ungarns Aussenminister vor kurzem erklärt, eine slowenische Firma bringe die neuste, beste Recycling-Technologie nach Ungarn. Sie könne mit staatlicher Unterstützung sofort eine Fabrik bauen. Doch Aktivisten fanden heraus, dass besagte Firma erst kurz zuvor gegründet worden war, keinerlei Referenzen hat und zu einer Briefkastenfirma in der Schweiz gehört. Inzwischen ist der Bau der Fabrik auf Eis gelegt.
Investitionen in Batterien sind zwar logisch und sinnvoll. Aber nicht um jeden Preis
Weder Regierungsvertreter noch die erwähnten Firmen wollten mit SRF sprechen, trotz wiederholter Anfragen.
Inzwischen sind viele Menschen in Ungarn skeptisch beim Thema Batterien. Auch Pál Veres, Bürgermeister der Stadt Miskolc, auf deren Gebiet die gross angekündigte Recycling-Firma hätte entstehen sollen. Er sagt, Investitionen in Batterien seien zwar logisch und sinnvoll. Aber nicht um jeden Preis. Zum Schutz der Lebensqualität hat seine Stadt nun Bedingungen formuliert für Firmen, die sich ansiedeln wollen, vor allem strengere Umweltvorgaben.