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Italiens mächtige Taxilobby
Aus Tagesschau vom 11.08.2024.
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Bedroht und Reifen zerstochen Der unbeliebteste Taxifahrer Italiens

Roberto Mantovani hat sich mit einer mächtigen Lobby angelegt – der Taxibranche Italiens. Obwohl er selbst dazugehört, will er die Zustände in der Branche nicht mehr hinnehmen.

«Meine Einnahmen haben sich halbiert», sagt Roberto Mantovani, besser bekannt als Red Sox. Vor wenigen Wochen erst wurde er aus seiner Taxikooperative geworfen. Der Vorwurf: Mantovani habe gegen die Interessen der Genossenschaft verstossen.

Dass Mantovani die Wut einer ganzen Branche auf sich zieht, hat damit zu tun, dass er ein Jahr lang seine Tageseinnahmen auf dem Kurznachrichtendienst X publiziert hat. Tageseinnahmen, die schnell mal 500 oder 600 Euro betragen.

«Taxifahrer hinterziehen eine Menge Geld»

«Das Schweigen und die Vertuschung unter den Taxifahrern dienen dazu, alle unsere Einnahmen zu verstecken und unsere Privilegien zu erhalten. Es bedeutet vor allem, dass der durchschnittliche italienische Taxifahrer eine Menge Geld hinterzieht», sagt Mantovani.

Mann steht vor einem Taxi und einem historischen Gebäude.
Legende: Roberto Mantovani, genannt Red Sox, vor seinem Taxi in Bologna. SRF/Simona Caminada

Dem Fiskus in Rom melden die Taxifahrer ein Durchschnittseinkommen von 15’800 Euro – damit gehören sie zu den Geringverdienern im Land. Mantovani allerdings sagt, dass viele seiner Kollegen elektronische Zahlungen verweigern würden. Zudem habe er Zweifel an der Aufrichtigkeit ihrer Steuererklärung.

Seine Transparenz hat er teuer bezahlt. Mantovani wurde bedroht, seine Reifen wurden ihm aufgeschlitzt und seit er nicht mehr in der Taxigenossenschaft ist, muss er auf eigene Faust Kundinnen und Kunden suchen – das Taxiradio wurde ihm abgenommen.

Eine mächtige Lobby

Die Taxilobby in Italien ist mächtig und stellt sich seit Jahrzehnten erfolgreich gegen jeden Versuch von Reformen und Liberalisierung. Mario Monti, Matteo Renzi und auch Ministerpräsident Mario Draghi zum Beispiel haben probiert, die Branche zu reformieren und zu liberalisieren. Das führte zu Streiks, die ganze Städte tagelang lahmgelegt haben.

Zwar stehen sich die Taxilobby und die jetzige Regierung politisch nahe, doch Giorgia Meloni steht unter Zugzwang, etwas gegen den chronischen Taximangel zu unternehmen. Leidtragende sind die Kunden und auch die vielen Touristinnen, die teils bis zu zwei Stunden auf ein Taxi warten müssen. Die Schlangen an den Taxiständen sind länger als vor den Gelaterias.

Riccardo Cacchione ist Taxifahrer und Koordinator der Taxigewerkschaft USB in Rom. Er ist gegen Reformen und sagt, Schuld an den langen Warteschlangen seien nicht die Taxifahrer: «Das ist eine Vereinfachung, die das eigentliche Problem verdeckt, nämlich die mangelnde Verkehrsplanung in dieser Stadt. Wir haben Situationen, die kritisch werden, weil es keine richtige Planung gibt.»

Teure Lizenzen

In Bologna sieht das Red Sox anders. Hauptgrund des Taximangels seien die wenigen Lizenzen. Keine 24'000 Taxilizenzen gibt es in Italien. In einigen Städten beläuft sich ihr Wert auf über 150'000 Euro.

Mann fährt Auto und hält Smartphone.
Legende: Red Sox in seinem Taxi. Der Schlüsselanhänger schliesst auf den Spitznamen des umstrittenen Taxifahrers. SRF/Simona Caminada

«Die Regel des Taxifahrers lautet, die Lizenz zu kaufen, zu arbeiten und wenn er in Rente geht, die Lizenz weiterzuverkaufen – zum gleichen Preis oder für mehr. Er will keine Konkurrenz, er will keine neuen Lizenzen, er will die Welt so stillhalten», sagt der umstrittene Taxifahrer.

Still stehen derzeit vor allem jene, die dringend ein Taxi brauchen: die Kundinnen und Kunden.

Tagesschau, 11.8.2024, 19:30 Uhr;stal

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