Zum Inhalt springen

Bedrohte Astronomie Wie Tausende Satelliten den Blick in den Sternenhimmel stören

Die Zahl der Satelliten in der Umlaufbahn der Erde wächst rasant. Für die Beobachtung des Weltraums wird das zu einem ernsthaften Problem.

Sie haben es womöglich auch schon festgestellt: Der Nachthimmel verändert sich. Wo früher in einer klaren Nacht nur Sterne funkelten, durchqueren heute ständig kleine Lichtpunkte das Firmament, vor allem in der Dämmerung. Die Punkte sind Satelliten, die das Licht der Sonne reflektieren.

«Diese Wissenschaft geht verloren»

Den Laien mögen die wandernden Lichtlein kaum stören. Doch für die Astronomie sind sie ein Albtraum. Die Satelliten beeinträchtigen den freien Blick ins Universum. Beobachtungen von Objekten im All können massiv gestört werden, wenn etwa ein Satellit durch das Sichtfeld eines Teleskops fliegt. Aufwändig erarbeitete Daten müssen gesäubert werden oder landen ganz im Müll.

Orionnebel mit Sternspuren, Weltraumfotografie.
Legende: Der Kummer der Astronomen: Satellitenspur vor dem Orion-Nebel. A. H. Abolfath/NOIRLab/NSF/AURA

Willy Benz zeichnet ein düsteres Bild. Der Neuenburger ist Präsident der Internationalen Astronomischen Union und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Satelliten auf die Forschung. Er sagt, wenn man jetzt nicht dagegenhalte und dafür sorge, dass der Nachthimmel weitgehend frei von künstlichen Lichtern bleibe, könnten einige Bereiche der Astronomie verloren gehen.

Zahl der Kommunikationssatelliten wächst rasant

Was die Weltraum-Forschenden besonders beunruhigt: Die Zahl der Satelliten wächst rasant weiter. Im Jahr 2000 befanden sich rund 750 aktive Satelliten im Orbit. Im letzten Jahr waren es bereits 10'000. 2030 könnten es laut Prognosen gegen 60'000 Satelliten sein. Und in 25 Jahren gar Hunderttausende.

Die meisten Kommunikationssatelliten gehören heute der Firma Starlink, welche zum Raumfahrtunternehmen SpaceX gehört. Sie bringen das Internet in die abgelegensten Regionen der Welt. Ein grosser Fortschritt für die Menschen, die dort leben, falls sie sich ein Abonnement für den Dienst leisten können.

Das sagt Starlink von SpaceX

Box aufklappen Box zuklappen

Starlink, das zu zur Raumfahrtfirma SpaceX gehört, anerkennt das Problem der Helligkeit seiner Satelliten für die Weltraum-Forschung. Das Unternehmen ist deshalb im Austausch mit Forschenden aus der Astronomie, um die negativen Auswirkungen der Satelliten möglichst gering zu halten.

Starlink schreibt dazu auf seiner Internetseite: «Als Ergebnis dieser intensiven Zusammenarbeit hat SpaceX innovative technologische Lösungen und Techniken implementiert, um die Auswirkungen seiner Satelliten auf den Nachthimmel zu minimieren.» Konkret heisst das etwa: Starlink hat die Umlaufbahn seiner Satelliten angepasst, zudem hat das Unternehmen die Oberfläche seiner Satelliten so verändert, dass sie weniger Licht reflektieren.

Firmen wie OneWeb und Amazon wollen auch ins Geschäft einsteigen und eigene Netzwerke mit tausenden Satelliten aufbauen. Auch einzelne Staaten wie etwa China oder auch die EU haben den Bau einer sogenannten Megakonstellation angekündigt. Das ist der Grund, weshalb die Zahl der Satelliten in den kommenden Jahren geradezu explodieren dürfte.

Lautsprecher am Himmel

Ihre eigenen, spezifischen Probleme mit Satelliten hat die Radioastronomie. Diese Disziplin der Weltraumforschung richtet hochempfindliche Antennen auf Objekte im Universum und untersucht diese mittels unsichtbarer Radiowellen. Fliegt ein Satellit über die Antenne, kann dies die Beobachtung bis zur Unbrauchbarkeit stören. Im schlimmsten Fall wird sogar die Antenne beschädigt.

Grosse Satellitenschüssel im Wald.
Legende: Radioteleskop in Effelsberg: Satelliten stören die empfindlichen Antennen. imago/Hans Blossey

Die Radioastronomin Susanne Wampfler von der Universität Bern macht einen Vergleich: Je nach Bauweise des Satelliten wirke dieser wie ein Lautsprecher im Geflüster des Kosmos. Denn die künstlichen Signale eines Satelliten könnten millionenfach stärker sein als die einer natürlichen kosmischen Quelle.

Keine einfachen Lösungen

Forschende aus der Astronomie kämpfen immer lauter gegen die «Verschmutzung» des Himmels. Sie setzen vor allem auf den Dialog mit den Betreibern der Satelliten und betonen, den Fortschritt nicht aufhalten zu wollen. Sie seien schliesslich Teil davon.

Sie fordern aber technische Anpassungen, wo immer diese möglich sind. Und eine verbindliche, internationale Regulierung des Weltraums. Auch Schutzzonen für einen störungsfreien Himmel schlagen sie vor. So hoffen sie, dass die Erforschung des Weltraums von der Erde aus auch in Zukunft möglich sein wird.

10vor10, 20.2.2025, 21:50 Uhr

Meistgelesene Artikel