Viertel nach 3: Die Uhr am Tor des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald markiert den Moment, als am 11. April 1945 die Panzerdivisionen der dritten US-Armee anrollten. Den Moment, als das Grauen für die Weltöffentlichkeit ein Gesicht erhielt.
Das KZ Buchenwald in der Nähe von Weimar war das grösste KZ auf deutschem Boden. Zwischen 1937 und 1945 waren über 277'000 Menschen aus mehr als 50 Ländern in Buchenwald und dessen 139 Aussenlager zwischen Rheinland und Sachsen verschleppt worden.
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Bild 1 von 4. Das ehemalige KZ Buchenwald heute: Die Uhr über dem Tor des Lagers zeigt die Zeit an, als das Konzentrationslager am 11. April 1945 befreit wurde. Bildquelle: REUTERS/Karina Hessland.
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Bild 2 von 4. Die Inschrift «Jedem das Seine» am Haupttor des KZ Buchenwald verdeutlicht die NS-Rassenideologie. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. In Buchenwald in der Nähe von Weimar stand das grösste KZ auf deutschem Boden. 56'000 Menschen starben hier. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. Zwischen 1937 und 1945 waren über 277'000 Menschen im KZ Buchenwald eingesperrt, im Jahr 1945 wurden 21'000 Menschen befreit. Bildquelle: SRF.
«Bei der Zwangsarbeit in den Rüstungsbetrieben wurde nicht darauf geachtet, dass Leben und Arbeitskraft der Häftlinge erhalten blieb», erklärt Jens-Christian Wagner, Leiter der Gedenkstätte KZ Buchenwald. «Nach wenigen Monaten waren die Menschen so abgearbeitet, wie die SS das nannte, dass sie nach Buchenwald zurückgeschickt wurden.»
Das war der Weg durchs KZ Buchenwald: Herkommen, Zwangsarbeit, und dann sterben.
Dort seien sie sich selbst überlassen worden und elendig zugrunde gegangen. «Das war der Weg durchs KZ Buchenwald: Herkommen, Zwangsarbeit, und dann sterben», erklärt Wagner. 56'000 Menschen fanden in Buchenwald den Tod. Befreit wurden 1945 21'000 Häftlinge.
Inzwischen gibt es immer weniger Zeugen, die von Grausamkeit und Vernichtung berichten können. Dem Erinnern in Gedenkstätten wie Buchenwald kommt daher grosse Bedeutung zu.
Die Gräuel der Nazis – Bilder aus dem KZ Buchenwald
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Bild 1 von 3. Häftlinge des deutschen KZ Buchenwald in ihrer Baracke, wenige Tage nach der Befreiung durch US-Truppen. Der junge Mann in der mittleren Koje, siebter von links, ist Elie Wiesel, der später Friedensnobelpreisträger werden sollte. Bildquelle: U.S. Army via AP.
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Bild 2 von 3. Tausende von Eheringen wurden im Mai 1945 von Soldaten der US-Armee in einer Höhle in der Nähe des Konzentrationslagers Buchenwald gefunden. Bildquelle: KEYSTONE / AP Photo.
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Bild 3 von 3. Auf Befehl des US-Generals George S. Pattons, der Buchenwald am Vortag inspiziert hat, müssen tausend Weimarer Bürgerinnen und Bürger das KZ besichtigen. Im Hof des Krematoriums konfrontieren die US-Soldaten die Menschen mit den dort vorgefundenen Leichen. Bildquelle: KEYSTONE / PHOTOPRESS-ARCHIV.
Diese Erinnerungskultur ist der neuen Rechten und Teilen der AfD ein Dorn im Auge. Der völkische Flügel der Partei bemüht sich, die Geschichte umzuschreiben und die Nazi-Gräuel zu verharmlosen.
«Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte», sagte etwa der ehemalige AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland. Der AfD-Landesvorsitzende von Thüringen, Björn Höcke, forderte eine «erinnerungspolitische Wende um 180 Grad».
«Feindmarkierung» der Ultrarechten
Als stärkste Partei hat die AfD in Thüringen ein geschichtsrevisionistisches Klima geschaffen, es bleibt nicht nur bei Worten. Wagner erhält Morddrohungen, Buchenwald-Schilder werden regelmässig mit SS-Runen und Hakenkreuzen verunstaltet.
Im Thüringer Landtag stellt die AfD immer wieder Kleine Anfragen. Daraufhin müsse die Gedenkstätte nachweisen, welcher Politiker an welchem Ort gesprochen hat oder wie viel Geld in welche Projekte geflossen ist, erklärt Jens-Christian Wagner. «Trotz bester Aktenführung dauert es, das zusammenzutragen. Da wird Sand ins Getriebe gestreut, die Botschaft ist Feindmarkierung», sagt der Leiter der Gedenkstätte.
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Bild 1 von 4. Kranzniederlegung während einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald (6.4.2025). Bildquelle: Keystone/EPA/HANNIBAL HANSCHKE.
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Bild 2 von 4. Der Holocaust-Überlebende Andrej Iwanowitsch Moiseenko legt im KZ Buchenwald Blumen nieder. (6.4.2025). Bildquelle: Keystone/EPA/HANNIBAL HANSCHKE.
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Bild 3 von 4. Das Mahnmal in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar erinnert an die Nazi-Verbrechen. Bildquelle: REUTERS/John Sibley.
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Bild 4 von 4. Im Bild: Ein Gedenkstein für jüdische Opfer in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald. Bildquelle: Keystone/EPA/HANNIBAL HANSCHKE.
Von der AfD-Fraktion Thüringen stand niemand für eine Stellungnahme zur Verfügung. Die NS-Vergangenheit sei für die extreme Rechte seit jeher ein Problem, sagt AfD-Experte Steffen Kailitz. «Die AfD möchte den Nationalsozialismus aus dem Zentrum der Erinnerungspolitik rücken, um auf historisch schönere Perioden der Geschichte zu verweisen. Um dadurch die deutsche Politik vermeintlich von Restriktionen zu befreien, die sie durch eine Vergangenheitsbewältigung habe», so Kailitz.
Insbesondere die Bildungspolitik ist im Visier der AfD. Schülerinnen und Schüler sollen sich weniger damit befassen, wie es zu den NS-Verbrechen gekommen ist. Das halten viele für gefährlich. Das Gebot sich an die Gräuel zu erinnern, kann zwar eine moralische Überforderung sein. Doch nur wer die Geschichte kennt, kann entscheiden, wie die Zukunft aussehen soll.