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Befreiung KZ Buchenwald Die AfD will in Thüringen die Erinnerungskultur verändern

Zum 80. Mal jährt sich heute die Befreiung des KZ Buchenwald. Doch gerade in Thüringen hat das Gedenken an die Nazi-Verbrechen einen schweren Stand. Die AfD will die Erinnerungskultur gezielt verändern.

Viertel nach 3: Die Uhr am Tor des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald markiert den Moment, als am 11. April 1945 die Panzerdivisionen der dritten US-Armee anrollten. Den Moment, als das Grauen für die Weltöffentlichkeit ein Gesicht erhielt.

Das KZ Buchenwald in der Nähe von Weimar war das grösste KZ auf deutschem Boden. Zwischen 1937 und 1945 waren über 277'000 Menschen aus mehr als 50 Ländern in Buchenwald und dessen 139 Aussenlager zwischen Rheinland und Sachsen verschleppt worden.

«Bei der Zwangsarbeit in den Rüstungsbetrieben wurde nicht darauf geachtet, dass Leben und Arbeitskraft der Häftlinge erhalten blieb», erklärt Jens-Christian Wagner, Leiter der Gedenkstätte KZ Buchenwald. «Nach wenigen Monaten waren die Menschen so abgearbeitet, wie die SS das nannte, dass sie nach Buchenwald zurückgeschickt wurden.»

Das war der Weg durchs KZ Buchenwald: Herkommen, Zwangsarbeit, und dann sterben.
Autor: Jens-Christian Wagner Leiter Gedenkstätte KZ Buchenwald

Dort seien sie sich selbst überlassen worden und elendig zugrunde gegangen. «Das war der Weg durchs KZ Buchenwald: Herkommen, Zwangsarbeit, und dann sterben», erklärt Wagner. 56'000 Menschen fanden in Buchenwald den Tod. Befreit wurden 1945 21'000 Häftlinge.

Inzwischen gibt es immer weniger Zeugen, die von Grausamkeit und Vernichtung berichten können. Dem Erinnern in Gedenkstätten wie Buchenwald kommt daher grosse Bedeutung zu.

Die Gräuel der Nazis – Bilder aus dem KZ Buchenwald

Diese Erinnerungskultur ist der neuen Rechten und Teilen der AfD ein Dorn im Auge. Der völkische Flügel der Partei bemüht sich, die Geschichte umzuschreiben und die Nazi-Gräuel zu verharmlosen.

«Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte», sagte etwa der ehemalige AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland. Der AfD-Landesvorsitzende von Thüringen, Björn Höcke, forderte eine «erinnerungspolitische Wende um 180 Grad».

«Feindmarkierung» der Ultrarechten

Als stärkste Partei hat die AfD in Thüringen ein geschichts­revision­istisches Klima geschaffen, es bleibt nicht nur bei Worten. Wagner erhält Morddrohungen, Buchenwald-Schilder werden regelmässig mit SS-Runen und Hakenkreuzen verunstaltet.

Im Thüringer Landtag stellt die AfD immer wieder Kleine Anfragen. Daraufhin müsse die Gedenkstätte nachweisen, welcher Politiker an welchem Ort gesprochen hat oder wie viel Geld in welche Projekte geflossen ist, erklärt Jens-Christian Wagner. «Trotz bester Aktenführung dauert es, das zusammenzutragen. Da wird Sand ins Getriebe gestreut, die Botschaft ist Feindmarkierung», sagt der Leiter der Gedenkstätte.

Von der AfD-Fraktion Thüringen stand niemand für eine Stellungnahme zur Verfügung. Die NS-Vergangenheit sei für die extreme Rechte seit jeher ein Problem, sagt AfD-Experte Steffen Kailitz. «Die AfD möchte den Nationalsozialismus aus dem Zentrum der Erinnerungspolitik rücken, um auf historisch schönere Perioden der Geschichte zu verweisen. Um dadurch die deutsche Politik vermeintlich von Restriktionen zu befreien, die sie durch eine Vergangenheitsbewältigung habe», so Kailitz.

Insbesondere die Bildungspolitik ist im Visier der AfD. Schülerinnen und Schüler sollen sich weniger damit befassen, wie es zu den NS-Verbrechen gekommen ist. Das halten viele für gefährlich. Das Gebot sich an die Gräuel zu erinnern, kann zwar eine moralische Überforderung sein. Doch nur wer die Geschichte kennt, kann entscheiden, wie die Zukunft aussehen soll.

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10vor10, 10.04.2025, 21:50 Uhr ; 

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