Ja, leider habe es viele Spannungen im östlichen Mittelmeer gegeben, aber nicht die Türkei sei dafür verantwortlich, sondern allein Griechenland, sagte Mevlüt Cavusoglu auf dem Landsitz Lohn des Bundesrats. Die Türkei habe jahrelang zugewartet mit ihren Sondierungen, die Griechen seien vorgeprescht, gemeinsam mit ihren griechisch-zyprischen Partnern.
Bei dem Streit geht es um komplizierte Interpretationen von Seerechtskonventionen, in einem Gebiet voller Inseln und damit komplexer Grenzziehungen. Es geht offensichtlich auch um das Gefühl der Türkei, übergangen zu werden, wenn sie nicht ihrerseits protestiert und die kontrollierte Eskalation sucht.
Besorgniserregend sei diese Eskalation, hiess es in Berlin; die Aussenminister der Europäischen Union berieten am Freitag über Video zum Thema. Während Cavusoglu in Bern auch gegenüber Frankreich austeilte, das demonstrativ Militärmanöver mit den Griechen begann, und nicht nur in diesem Konflikt auf Konfrontationskurs mit der Türkei ist.
In Libyen etwa unterstützen Frankreich und die Türkei unterschiedliche Seiten im Krieg, der das Land seit Jahren zerreisst – auch hier präsentierte sich der türkische Aussenminister auf der Seite des Guten. Tatsächlich steht die Türkei der international anerkannten Regierung von Premier Saraj bei und schickt ihr türkische Soldaten.
«Ohne unser militärisches Eingreifen wäre der Krieg zu einem Grabenkrieg mitten in der libyschen Hauptstadt Tripolis geworden», so der türkische Aussenminister. Die Türkei habe in Libyen stattdessen nun ein Gleichgewicht der Kräfte geschaffen.
Unterstützung islamistischer Milizen
Die Gegenseite, zu der Frankreich gezählt wird, aber auch Ägypten und Russland, sieht das anders. Die Türkei unterstützt vielleicht eine international anerkannte Regierung, aber damit gleichzeitig die Interessen westlibyscher Stämme und islamistischer Milizen, so die andere Lesart.
Da sind die Spannungen ums Erdgas, da sind die verschiedenen nahöstlichen Konflikte, in denen die Türkei mitmischt. Türkische Soldaten stehen nicht nur in Libyen, sondern auch in Nordirak und in Nordsyrien.
Türkei missfällt Abkommen zwischen VAE und Israel
Entwickelt sich die Türkei Erdogans immer stärker zur Ordnungsmacht im Mittelmeerraum? Die Türkei erhebe keinerlei Ansprüche auf kein anderes Land, so Cavusoglu. Es gehe der Türkei, wie ihren osmanischen Vorfahren, nur darum, Gerechtigkeit und Ausgleich in die Region zu bringen, sagt er. Freilich, Gerechtigkeit und Ausgleich, so, wie sie sich die Türkei vorstellt.
Zu den grössten Rivalen der Türkei in diesem Kräftemessen gehört ein kleines, aber mindestens so ambitiöses Ölscheichtum am Golf, die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Emirate, die am Donnerstag ein Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen mit Israel ankündigten.
Nicht überraschend war neben Iran die Türkei eines der Länder, die am schärfsten auf diese angekündigte Normalisierung reagierten. Cavusoglu bekräftigte auch diese Linie in Bern. Die Emirate trachteten seit langer Zeit danach, die palästinensische Regierung zu schwächen, sie unterstützten damit die israelische Besatzung palästinensischen Bodens.
So der Kommentar des türkischen Aussenministers zu dem Abkommen, das von seinen Verfechtern im Gegenteil als Meilenstein in den Beziehungen zwischen Israel und der arabischen Welt verkauft wurde.