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Die Rückkehr des Krieges
Aus Echo der Zeit vom 12.11.2024. Bild: REUTERS/Yevhen Titov
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Bewusstsein für Kriege «Wir haben unsere Sicherheit in Europa quasi ausgelagert»

Mit dem russischen Einmarsch 2022 in die Ukraine wurde Realität, was seit dem Zweiten Weltkrieg undenkbar schien: ein Angriffskrieg in Europa. Mit dem Krieg in Nahost und dem Konflikt zwischen China und Taiwan wächst die Unsicherheit weiter. Krieg wird offenbar zunehmend wieder als legitimes Mittel zur Fortsetzung der Politik betrachtet. Wir müssten wieder lernen, mit Krieg umzugehen, sagt der Analyst und Militärberater Franz-Stefan Gady.

Franz-Stefan Gady

Militäranalyst

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Franz-Stefan Gady arbeitet unter anderem für das Institute for International Strategic Studies (IISS) in London. Er berät Regierungen und Streitkräfte in Europa und den USA.

SRF News: War das Bewusstsein dafür, dass Konflikte in Kriege münden, ausserhalb von Europa gar nie weg?

Franz-Stefan Gady: Es war vor allem in Europa weg seit Ende des Kalten Krieges. Der Grund hierfür war, dass wir unsere Sicherheit in Europa quasi ausgelagert haben, vor allem an die Vereinigten Staaten, und wir ein Schlupfloch gefunden haben unter dieser amerikanischen militärischen Allmacht. Die USA sind nun nicht mehr gewillt, diese Schutzmacht uns allen in Europa uneingeschränkt zu gewähren. Daher müssen wir uns wieder ernsthaft mit dem Phänomen Krieg auseinandersetzen.

So gut wie jeder Konflikt basiert eigentlich auf einer Fehlkalkulation.

Sie schreiben in Ihrem Buch «Die Rückkehr des Krieges», in Europa hätten wir seit dem Ende des Kalten Krieges einen «parasitären Pazifismus» gepflegt. Was bedeutet das?

Damit meine ich vor allem Österreich und Deutschland beziehungsweise Westdeutschland während des Kalten Krieges, aber auch die Jahrzehnte danach. Es geht darum, dass wir in Europa oft von einem hohen moralischen Ross herunterschauen auf andere Staaten, die Krieg führen, vergessend, dass wir unsere eigene Sicherheit ausgelagert haben. Ich glaube, das ist einfach kein gesundes Verhältnis. Wir müssen unseren Beitrag zur Verteidigung Europas und seiner Werte leisten – auch auf militärischer Seite.

Sie schreiben, Kriege seien oft das Resultat von Fehleinschätzungen der politischen und militärischen Führung. Können Sie ein Beispiel machen?

Es gibt unzählige Beispiele. In meinem Buch führe ich die Invasion des Iraks 2003 aus, wo sich die USA stark verkalkuliert haben, weil sie auf technologische Lösungen in der Kriegsführung gesetzt haben. Ein anderes Beispiel ist natürlich auch die Invasion der Ukraine 2022, wo sich Wladimir Putin und der Kreml eben fatal verkalkuliert haben.

So gut wie jeder Konflikt basiert eigentlich auf einer Fehlkalkulation. Das bedeutet auch, dass sich Kriegsziele letztlich immer wieder ändern und sie ständig neu definiert werden müssen. Also, das ist eine ganz normale Sache. Aber natürlich ist es so, dass diese Fehlkalkulationen fatale Konsequenzen haben für alle, die in solch einem Konflikt involviert sind.

Ich glaube nicht, dass wir in ein friedlicheres Zeitalter gleiten werden.

Der neu gewählte US-Präsident Donald Trump will, dass die USA nicht mehr Weltpolizist spielen und Kriege beenden. Führt das zu mehr Frieden?

Ich glaube nicht, dass wir in ein friedlicheres Zeitalter gleiten werden. Vielmehr kreiert Trumps Präsidentschaft das Potenzial für zusätzliches Chaos im internationalen System. Chaos ist nie gut, weil es auch immer zu militärischen Konfrontationen führen kann.

Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint. Militärische Rückzüge können oft dazu führen, dass man einen Aggressor umso mehr bestärkt, seine militärischen Ziele zu erreichen. Ich würde daher abwarten und sagen: Wir müssen in Europa auf Abschreckung, konventionelle Nachrüstung sowie Dialog mit potenziellen Gegnern setzen, unabhängig von der Richtung der Politik Donald Trumps und der USA in den nächsten vier Jahren.

Das Gespräch führte Matthias Kündig.

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Echo der Zeit, 12.11.2024, 18:00 Uhr ; 

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