Boris Johnson in Interlaken - «Klar will ich Premierminister werden»
Bei einem Auftritt am Swiss Economic Forum reagiert Johnson auf Theresa Mays Rücktrittsankündigung vom Vormittag. Kameras und Fotografen waren dabei nicht zugelassen.
Wenige Stunden nach Theresa Mays Rücktrittsankündigung hat Boris Johnson bei einem Auftritt am Swiss Economic Forum in Interlaken seine Ambitionen bekräftigt. «Klar will ich Premierminister werden», sagte er. Mehr wolle er nicht sagen. Man werde noch mehr darüber lesen in den nächsten Tagen als allen lieb sein könne. Er erklärte dafür, wie er sich das weitere Vorgehen beim Austritt der Briten aus der EU vorstellt. Dabei dient ihm auch die Schweiz als Vorbild.
Johnson will kein zweites Referendum
«Die Frage ist, ob am Schluss der Wille des Volkes siegt», sagte Johnson. Ein zweites Referendum hält der ehemalige Londoner Bürgermeister aber für keine gute Idee, es könnte Grossbritannien noch mehr spalten. «Es würde möglicherweise sowieso zum selben Ergebnis kommen.»
Wir werden die EU am 31. Oktober verlassen, mit oder ohne Deal.
Johnson plädierte für mehr Härte gegenüber der EU: «Man muss in den Verhandlungen bereit sein, den Verhandlungstisch zu verlassen.» Diese Bereitschaft habe der bisherigen Regierung gefehlt. Man müsse auch klar sagen, dass ein No-Deal-Brexit ein realistisches Szenario sei.
Johnson zeigte sich sehr optimistisch, dass der Brexit positiv herauskommen könnte. Grossbritannien könnte zahlreiche Freihandelsabkommen aushandeln. «Der freie Handel ist bedroht. Wir wollen ihn verteidigen und ich denke, dass wir das können.»
Die Schweiz als «natürlicher Partner»
Johnson machte auch mehrmals klar, dass er die Schweiz als Vorbild sieht. Die Schweiz werde in Grossbritannien bewundert. «Gebt nicht nach», sagte er mit Blick auf das Rahmenabkommen mit der EU. Die Schweiz und Grossbritannien seien natürliche Partner.
Der Lustige, der es nicht immer so genau nimmt
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Die Leute lieben ihn für seinen Humor. Auch in Interlaken. Mit seiner rundlichen Figur, dem zerknitterten Kittel und dem wirren Haar, wirkt der 54jährige Boris Johnson irgendwie lustig bevor er überhaupt den Mund öffnet.
Der Absolvent der Eliteschulen und Oxford, der gerne lateinische Zitate in seine Sätze einflicht, ist nach dem Rücktritt von Premier May der Mann der Stunde. Rund 40 Prozent der Konservativen Partei würden nach einer Umfrage der britischen Zeitung «Times» für Johnson stimmen. Dieser weiss genau, wie man Wahlen gewinnt. Als Tory-Vertreter hat er es in der Labour-Hochburg London zum Bürgermeister gebracht.
Johnsons Opportunismus und sein Hang, es mit den Fakten nicht immer so genau zu nehmen, scheinen ihm seine Anhänger nicht allzu übel zu nehmen. Er gilt als Favorit für die Nachfolge von Theresa May. (Patrik Wülser)
Ihm sei bewusst, dass die EU auch wegen des Brexit härter gegenüber der Schweiz auftrat. «Das ist ein Grund, warum ich hierherkam. Wenn ihr stark bleibt, bleiben wir auch stark.» Grossbritannien wolle wie die Schweiz die wirtschaftliche Nähe zur EU erhalten, aber die rechtliche Beziehung verändern. Grossbritannien brauche ein so grossartiges Abkommen mit der EU, wie die Schweiz es habe.
Neuer Ansatz möglich
Wie schon über Twitter drückte er seinen Respekt für die abtretende Premierministerin aus: «Theresa hat unglaublich hart gearbeitet, sie war geduldig und stoisch.» Ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin werde aber die Möglichkeit haben, die Dinge ganz anders anzugehen.
Johnson hatte in der Abstimmung zum Austritt Grossbritanniens aus der EU die Brexit-Befürworter angeführt. Der Politiker der Konservativen Partei hatte sich nach dem Abstimmungsergebnis überraschend nicht als neuer Premierminister beworben. Johnson übernahm aber bald darauf in der Regierung Mays das Amt des Aussenministers. Vor einem Jahr trat er allerdings im Streit über die Brexit-Pläne zurück.
Heute gilt der Brexit-Hardliner als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Premierministerin und Parteichefin Theresa May. May hatte am Vormittag bekanntgegeben, ihr Amt als Parteichefin am 7. Juni abzugeben. Die Amtsgeschäfte als Premierministerin will sie noch weiterführen, bis ein Nachfolger gewählt ist. Der Posten des Premierministers wird traditionell mit dem Chef der britischen Regierungspartei besetzt.
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