Darum geht es: In Deutschland hat CDU-Chef Friedrich Merz im ZDF-Sommerinterview gesagt, er könne sich eine Kooperation mit der rechtspopulistischen AfD auf kommunaler Ebene vorstellen. Und das, obwohl der Verfassungsschutz die AfD teilweise als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hat und obwohl die CDU von Merz bereits vor Jahren beschlossen hat, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Die Aussage von Merz hat in Deutschland für viel Kritik gesorgt – auch aus den eigenen Reihen.
Deshalb heftige Reaktionen: «Bei den anderen Parteien, aber auch bei der CDU, wird jetzt befürchtet, dass die ‹Brandmauer› einbrechen könnte», sagt die «Welt»-Politikchefin Claudia Kade. «Brandmauer» meint in diesem Zusammenhang den CDU-Beschluss von 2018, jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und der Linkspartei auszuschliessen. Die rechte AfD konnte in den vergangenen Wochen einerseits bei Regionalwahlen Erfolge verbuchen und erzielt andererseits bei aktuellen Wahlumfragen so hohe Werte wie noch nie. «Die AfD ist derzeit so stark, dass sich die Frage stellt, ob man an ihr vorbei überhaupt noch Politik machen kann», stellt Kade fest.
Das sagen Merz' CDU-Kollegen: Viel Kritik an Merz' neuster Aussage kommt von Kolleginnen und Kollegen innerhalb seiner Partei. Dort wird befürchtet, er erwäge, sich nicht an Parteibeschlüsse zu halten und womöglich schon bald auch Kooperationen mit der AfD über die Kommunen hinaus nicht abgeneigt zu sein. «Interessant ist, dass Merz sich offenbar nicht mit seiner Partei abgesprochen hat», stellt Kade fest.
Die AfD ist derzeit so stark, dass sich die Frage stellt, ob man an ihr vorbei überhaupt noch Politik machen kann.
Ein Problem für alle: Nicht nur die CDU steckt im Dilemma, wie man an einer derart starken AfD in manchen Bundesländern dereinst überhaupt noch wird vorbeiregieren können: Absehbar ist, dass das mancherorts nur noch durch eine breitestangelegte Koalition von CDU bis Linke möglich sein wird – was wiederum die AfD dort in eine Märtyrer-Position bringen würde und sie nochmals stärken könnte.
Das sagt die AfD: Gut kommt Merz' Aussage bei der AfD an. Sie sieht sich erfolgreich darin, punktuell und zunächst auf kommunaler Ebene mit Politikern anderer Parteien zusammenzuarbeiten oder zumindest politische Vorschläge einzubringen, denen sich auch andere Politikerinnen anschliessen können. So will sich die Partei Schritt für Schritt auf die Landesparlamente und in den Bundestag, das nationale Parlament, vorarbeiten. «Das ist tatsächlich ein Risiko», sagt «Welt»-Journalistin Kade: Den Wählerinnen und Wählern solle so allmählich klargemacht werden, dass man an der AfD nicht mehr vorbeikomme.