Eine Tanzgruppe begrüsste Russlands Aussenminister Sergej Lawrow bei seiner Ankunft auf dem Johannesburger Flughafen. Der gab sich jovial und wippte ein paar Takte mit. Später durfte er dann aufs traditionelle Gipfel-Familienfoto mit den Staatschefs der übrigen Brics-Mitglieder Brasilien, Indien, China und Südafrika.
Doch nicht Lawrow spricht für Russland auf dem Spitzentreffen, sondern Präsident Wladimir Putin selber, der sich regelmässig zuschalten lässt. Er nutzt die Plattform, um das westliche Vormachtsstreben zu geisseln und spricht von Neokolonialismus. Seine imperialistisch motivierte Invasion in die Ukraine deutet er um in einen Verteidigungskrieg gegen den alles dominierenden Westen. Der habe Russland sozusagen zum Angriff gezwungen.
Der Krieg in der Ukraine ist weit weg
Putin soll sich, obschon er das bestritt, gewaltig geärgert haben, auf dem Brics-Gipfel nicht physisch präsent sein zu können. Es gelingt ihm nun jedoch bestens, die Kreml-Anliegen auf die Agenda zu setzen.
Für die drei demokratischen Brics-Mitglieder Brasilien, Südafrika und Indien ist der Krieg gegen die Ukraine weit weg. Mal direkt, mal indirekt werfen sie dem Westen vor, ihm zu viel Gewicht beizumessen und Konflikte in der Dritten Welt zu ignorieren.
Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva spricht zwar von den Folgewirkungen des Konflikts auch auf sein Land, doch kein Wort der Missbilligung an Moskaus Adresse ist von ihm zu hören. Es müsse nun rasch ein Waffenstillstand her, obschon das schwierig sei. Dass die Ukraine dabei de facto schon mal rund zwanzig Prozent ihres Staatsgebiets preisgäbe, lässt er unerwähnt.
Kein Wort der Kritik an Putin
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat für Russland sogar grosses Lob übrig. Stets habe es enge Beziehungen zu afrikanischen Ländern gepflegt. Indiens Premier Narendra Modi hält sich in der Ukraine-Frage bedeckt, er will seine Schaukelpolitik zwischen China und dem Westen fortführen.
Allein die Tatsache, dass der Ukraine-Krieg auf dem Brics-Gipfel kein grosses Thema ist – ganz anders als vor drei Monaten auf dem Treffen der G7-Staaten – darf Putin als Erfolg verbuchen. Der Aufruf der EU, die Brics-Länder müssten die russische Invasion verurteilen, ist chancenlos. Es wird am Ende kein Wort der Kritik an Moskau in der Gipfelerklärung auftauchen.
China macht sich zu Russlands Advokaten
Der Hauptgrund ist natürlich, dass sich China – die dominierende Macht innerhalb der Brics – immer entschiedener an Russlands Seite stellt. Präsident Xi Jinping kritisiert die Pervertierung des Völkerrechts durch den Westen scharf. Er greift explizit die USA an. Sie seien der Feind der Schwellen- und Entwicklungsländer. Xi will die Brics-Gruppe umbauen und ausweiten zur mächtigen Gegenkraft zu westlichen Organisationen. So mächtig, dass sie möglichst bald global den Ton angibt. In Russland, das dringend Verbündete braucht, findet er für dieses Unterfangen einen willigen Alliierten.
Washington gibt sich nach aussen gelassen. Sicherheitsberater Jake Sullivan will die Brics nicht als geopolitischen Rivalen sehen. Dafür sei die Brics-Gruppe zu uneinig. Ein bisschen klingt das nach Pfeifen im Wald. Die USA wollen entweder nicht sehen oder nicht einräumen, dass da ein ernstzunehmender Herausforderer heranwächst.