- Am Sonntag verbreitete sich ein Video, in dem ein Polizist in Wisconsin von hinten auf einen schwarzen Mann zielt.
- Der Mann wurde in den Rücken geschossen und liegt auf der Intensivstation.
- Es kam zu Protesten mit Ausschreitungen, die Nationalgarde wurde aufgeboten.
- In der Nacht zum Dienstag gab es erneut Ausschreitungen und brennende Autos in der Stadt Kenosha. Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.
Auf einem am Sonntag im Internet verbreiteten Video war zu sehen, wie der Mann zu seinem Auto geht, während ein Polizist ihm folgt und dabei auf den Rücken zielt. Als der Mann die Fahrertür öffnet und sich hineinbeugt, fallen mehrere Schüsse. Der von der Familie des Mannes engagierte Anwalt sagte im Sender «CNN», dass im Auto die Kinder des Mannes im Alter von drei, fünf und acht Jahren sassen.
«Häuslicher Zwischenfall» als Grund?
Der Mann, der nach Angaben des Anwalts Jacob Blake heisst, lag am Montagabend (Ortszeit) weiter auf der Intensivstation.
Zunächst blieb unklar, was genau vor dem auf Video aufgezeichneten Geschehen passiert war. Die Polizei erklärte, die Beamten seien wegen eines «häuslichen Zwischenfalls» gerufen worden. Der Anwalt Ben Crump sagte, Blake habe einen Streit geschlichtet. Dann hätten die Polizisten ihre Waffen auf ihn gerichtet. Zunächst sei Blake von einer Elektroschockpistole getroffen worden. Als er im Auto nach seinen Kindern habe sehen wollen, sei ihm mehrfach in den Rücken geschossen worden. Auf dem Video sind sieben Schüsse zu hören.
Die beteiligten Beamten wurden nach Angaben des zuständigen Justizministeriums vom Montag beurlaubt. Die Ermittlungen laufen noch. Das Justizministerium des Bundesstaats Wisconsin als leitende Ermittlungsbehörde kündigte an, binnen 30 Tagen einen Bericht zum Fall vorlegen zu wollen.
Aus dem Weissen Haus hiess es, Justizminister William Barr habe den Fall im Blick. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden forderte eine sofortige, umfassende und transparente Aufklärung. Biden erklärte dazu: «Das Land wacht wieder einmal mit Trauer und Empörung auf, dass ein weiterer schwarzer Amerikaner Opfer übermässiger Gewalt geworden ist.» Seine Vize-Kandidatin, Senatorin Kamala Harris, meinte auf Twitter: «Jacob Blake sollte gerade nicht um sein Leben kämpfen.»
Infolge des Polizeieinsatzes kam es in der Stadt Kenosha zu Protesten und Ausschreitungen. Fotos zeigten ausgebrannte Autos und Müllwagen und beschädigte Gebäude. Für die Nacht von Montag auf Dienstag wurde eine Ausgangssperre verhängt. Wisconsins Gouverneur Tony Evers erlaubte den Einsatz der Nationalgarde, um lokale Einsatzkräfte zu unterstützen.
Tagsüber gab es unter anderem in New York und in Madison, der Hauptstadt Wisconsins Protestdemonstrationen mit Hunderten Teilnehmern.
Ende Mai hatte der Tod des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in der Stadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota landesweite Massenproteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst. Die Debatte spielt auch im US-Wahlkampf eine zentrale Rolle.