In der deutschen CDU sollen die Parteimitglieder direkt entscheiden, wer Nachfolger von Parteichef Armin Laschet werden soll. Das sei nicht ohne Risiko, sagt die Journalistin Claudia Kade.
SRF News: Weshalb schlägt die CDU bei der Laschet-Nachfolge den Weg der Basisdemokratie ein?
Claudia Kade: Die Parteiführung hat sich gegen dieses Vorgehen gewehrt, doch die Parteibasis hat darauf gedrängt. So hat am Wochenende eine Konferenz der Parteibasis mit überwältigender Mehrheit diesen Weg gefordert. Bislang hatte sich die CDU stets für eine repräsentative Demokratie eingesetzt, dafür, dass Gremien solche Entscheide treffen. Ob das basisdemokratische Vorgehen nun eine Personalentscheidung hervorbringt, die in der Opposition tragfähig ist, ist völlig offen.
Ist das Vorgehen auch ein Eingeständnis der CDU-Führung, dass man zuletzt an der Basis vorbeipolitisiert hat?
Ja, das muss man ganz klar so sehen. So hat letztlich ein sehr kleiner Kreis aus wenigen Leuten Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten bestimmt – und das mit fragwürdigen Argumenten, ohne Wahlumfragen oder Wahlchancen in Betracht zu ziehen. Damit ist die CDU – zusammen mit der CSU – auf dem Bauch gelandet.
Die Parteiführung kann die basisdemokratische Forderung nicht verweigern.
Deshalb hatte die Parteiführung jetzt keine Chance, die basisdemokratische Forderung zu verweigern. Sie hat damit eingestanden, mit ihrer Personalentscheidung falsch gelegen zu haben.
Die Parteiführung der CDU betont, der basisdemokratische Entscheid werde einmalig bleiben. Ist das realistisch?
Laut Laschet kann sich die Partei dieses Vorgehen vor allem finanziell kaum leisten. So wird die kommende Basisbefragung weit mehr als eine Million Euro kosten. Und dabei ist die CDU nach der Wahlniederlage finanziell arg geschwächt.
Die CDU ist nach der Wahlniederlage finanziell arg geschwächt.
Zudem stehen nächstes Jahr diverse Landtagswahlen an, bei denen die CDU weiter geschwächt und damit die Finanzen noch mehr strapaziert werden könnten. Auf der anderen Seite ist es schwierig, die Praxis wieder zu ändern, falls der basisdemokratische Weg erfolgreich wird – wenn die zum Parteichef gewählte Person die Partei also voranbringt und Wahlerfolge verbuchen kann.
Die aussichtsreichsten Kandidaten sind wohl Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Wie soll mit diesen alten CDU-Kämpen eine Neuausrichtung der Partei klappen?
Tatsächlich wurde die Nachwuchsarbeit bei der CDU stark vernachlässigt. Bei der Bundestagswahl haben jene, die erstmals gewählt haben, entweder Grüne oder FDP gewählt, während die CDU keine Rolle spielte. Deshalb muss die CDU jetzt auch junge Wählergruppen wieder ansprechen. Auch sind nach dem Abgang von Kanzlerin Angela Merkel und der früheren Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer keine Frauen in der Parteiführung mehr in Sicht – auch was die zweite Reihe angeht.
Wie erfolgreich kann die Basisbefragung unter diesen Umständen werden?
Die Chance liegt darin, dass der Gewinner der Abstimmung von den rund 400'000 Parteimitgliedern mit deutlicher Mehrheit gewählt wird und so eine grosse Legitimation hat. Doch es besteht bei Mitgliederbefragungen auch immer die Gefahr einer Spaltung, falls zwei fast gleich grosse Lager entstehen.
Bei Mitgliederbefragungen besteht immer auch die Gefahr einer Spaltung.
Eine solche Spaltung wäre für die deutsche CDU fatal. Denn dann hätte die Partei zunächst alle Hände voll damit zu tun, die Partei wieder zu einigen. Doch 2022 stehen mehrere Landtagswahlen an, darunter schon im Mai in Nordrhein-Westfalen. Der neue Vorsitzende soll im Januar bestätigt werden und muss sich also umgehend um diesen Wahlkampf kümmern können.
Das Gespräch führte Roger Aebli.