Wo verbringen die Menschen in Schweden die Osterferien?
Bruno Kaufmann: Traditionellerweise verreisen die Schweden über Ostern in Schneegebiete. In diesem Jahr ist alles anders: Es hat nicht genügend Schnee und die Corona-Krise überschattet auch in Schweden das kommende Wochenende.
Wie lange kann die Regierung die lockeren Massnahmen noch durchhalten?
Die Anweisungen kamen vor allem von den Behörden, die Regierung hat bisher kaum Verbote erlassen. Das Verbot von Menschenansammlungen von mehr als 50 Personen war dennoch ein Quasi-Verbot für Grossveranstaltungen. Besuche in Altersheimen und Spitälern wurden verboten, Schulen und Restaurant sind jedoch nach wie vor geöffnet.
Ticken die Schweden anders?
Nein, im Gesundheitsbereich hat man aber seit langer Zeit eine Tradition in der Prävention und der Mitverantwortung. Das schwedische Gesundheitssystem ist daraus ausgelegt, dass die Menschen nur in wirklich dringenden Fällen in die Spitäler gehen.
Sind der Regierung die Hände gebunden?
In Schweden ist man sich Krisen nicht gewohnt, das Land hat seit 200 Jahren ein demokratisches Regime, hatte nie einen Diktator und war auch nie an einem Krieg beteiligt. Innerhalb der Regierung wurde versucht, ein Notstandsgesetz zu erarbeiten, welches beispielsweise einen Lockdown ermöglichen könnte. Die Opposition schoss dieses jedoch postwendend ab.
Wie lange wird es noch dauern, bis auch Schweden diese «légère» Politik ändert?
Ich würde die Politik nicht als légère bezeichnen. Es ist ein Kurs, welcher nicht auf Verbote fokussiert, sondern auf Verständnis und Mitverantwortung. Zurzeit sieht es nicht so aus, als dass Schweden diese Politik ändern würde. Bei einem restriktiven Kurs stellt sich später zudem die Frage, wie man die Verbote schrittweise wieder aufhebt. Diese Vorgehensweise, wie sie etwa in Dänemark praktiziert wird, möchte Schweden verhindern.
Halten sich die Menschen in Frankreich an die strikten Vorgaben?
Daniel Voll: Insgesamt gab es bisher 480'000 Bussen in Frankreich. Das klingt nach viel, die Zahl scheint jedoch zu sinken. Der französische Innenminister betonte, dass die Franzosen die Anweisungen gut befolgen würden. Ich habe die Leute in Paris als sehr diszipliniert erlebt.
Es gibt Berichte, wonach die Lage sehr angespannt sei.
Diese Berichte sind oft im Zusammenhang mit den Banlieues zu lesen. Offenbar geht die Polizei in diesen Vierteln auch gewalttätig vor. Die Wohnungen in den Vororten sind sehr klein, es leben viele Leute darin. Generell ist die Wohnfläche pro Einwohner in Paris sehr klein.
Welche Folgen haben die Massnahmen für die Wirtschaft?
Der Tourismus ist am Boden, auch die Industrie steht teilweise still. Unmittelbar nach der Ausgangssperre standen die grossen Fabriken von Renault oder Peugeot still, ebenfalls diejenigen von Airbus und Michelin. In gewissen Fabriken wird teilweise seit einigen Tagen wieder gearbeitet, was von den Gewerkschaften scharf kritisiert wurde.
Hat das harte Vorgehen in auch mit dem Gesundheitswesen zu tun?
Ja, das Gesundheitswesen stand bereits letztes Jahr in der Kritik, beziehungsweise die Regierung, weil sie sich zu wenig darum gekümmert hatte. Es wurde zu wenig Geld in diesem Bereich ausgegeben. Es war ein offenes Geheimnis, dass wenn die Corona-Krise schnell geschieht, Frankreich hoffnungslos überfordert sein wird.
Die Gespräche führte Iwan Lieberherr.