Ljubov Schukowskaja ist eigentlich Geschäftsfrau. Sie führt ein Fitness-Studio. Doch jetzt pflegt sie Corona-Patienten und putzt in der Infektionsabteilung eines Moskauer Spitals. Manchmal muss sie auch Betten reinigen, in denen jemand gestorben ist.
«Ich sass zu Hause rum, und diese Untätigkeit trieb mich fast in den Wahnsinn», sagt sie. Im Internet habe sie eine Klinik gesucht, die Unterstützung braucht. «Das war nicht schwer: In vielen Spitälern fehlt es an Personal.»
Schwerkranke, bewusstlose Patienten
Schukowskaja liess sich im Spital Nr. 31 als Hilfspflegerin anstellen. Das Krankenhaus im Süden von Moskau wurde wie viele andere Einrichtungen zur Corona-Station umorganisiert. Unter anderem gibt es in dem Spital jetzt eine «Rote Zone». Das sind jene Abteilungen, auf denen Infizierte liegen. Und dort wird auch die Hilfspflegerin Schukowskaja eingesetzt.
«Der erste Tag war ein Schock», sagt sie. Die Station sei voll mit schwerkranken Patienten, die meist nicht mehr bei Bewusstsein seien. «Ich muss mich um sie kümmern, sie pflegen. Es ist sehr, sehr harte Arbeit.»
Erschwert wird Schukowskajas Einsatz durch die Arbeitsbedingungen. So dauere eine Schicht zwölf Stunden. Davon arbeite sie sechs Stunden in vollem Schutzanzug in der «Roten Zone», erzählt Schukowskaja. Pause machen liege nicht drin. Das Personal trage Windeln, weil es nicht auf die Toilette könne.
Freiwillige organisieren weitere Freiwillige
Trotz der Schwierigkeiten belässt es Schukowskaja nicht bei ihrem eigenen Einsatz. Sie habe ein knappes Dutzend weitere Freiwillige organisiert, die jetzt ebenfalls in Moskaus Spitälern mithelfen wollen. «Die meisten davon sind entweder meine Freunde oder Leute, die mich von Facebook kennen.»
Schukowskajas Einsatz legt etwas offen, was typisch ist für Russland: Wenn wirkliche Gefahr droht, dann zeigen viele Russinnen und Russen immer wieder echten Bürgersinn und eine ziemliche Risikobereitschaft.
Gleichzeitig werden aber auch die Schwächen des russischen Gesundheitswesens offenbar. So ist die Coronakrise noch nicht einmal auf ihrem Höhepunkt, und das System ist bereits auf die Opferbereitschaft einzelner Bürgerinnen und Bürger angewiesen.
Private helfen dort, wo der Staat versagt
Dabei hat Schukowskaja noch Glück, denn das Krankenhaus Nr. 31 sei in einem guten Zustand, sagt sie. Es gebe genügend Gesichtsmasken und anderes Schutzmaterial für die Mitarbeiter. Auch die Klinik Nr. 52 ist gut ausgerüstet. Andernorts sieht es nicht so gut aus.
In vielen Spitälern in der Provinz, aber auch bei Ambulanzdiensten in der Hauptstadt fehlt es an elementarer Ausrüstung. Auch hier müssen Private einspringen. So sammeln in Moskau etwa Aktivisten im Internet Geld, um davon Masken zu kaufen und sie an Ärztinnen und Pfleger zu liefern. Ein klarer Fall, wo der sonst so allmächtige russische Staat versagt.